Predigt zu Hiob 23,1-17 – 11. Stg.n.Trinitatis 01.09.2019 – Kirche Wolperndorf
Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und unserem Herrn und Heiland Jesus Christus. Amen
Einstieg
Wenn einer schlecht aussieht
Der Lehrer sah Fritz an: “Was ist los mit dir? Warum siehst du so durch den Wind aus?”
Fritz antwortet darauf: Mein Vater sitzt auf der Polizeiwache und meine Mutter ist im Krankenhaus!
Darauf der Lehrer: “Oh du armer Junge! Geh ruhig nach Hause!”
Der Direktor sah Fritz gerade gehen. Da fragte er den Lehrer: “Wohin geht denn Fritz?” Der Lehrer: “Ich habe ihm erlaubt, nach Hause zu gehen, weil sein Vater auf der Polizeiwache sitzt und seine Mutter im Krankenhaus liegt.”
Da antwortete der Schulleiter: “Sein Vater ist Polizist und seine Mutter ist Krankenschwester … wo sollten sie denn sonst sein?”
Einstieg
Liebe Gemeinde, wo sollten sie denn sonst sein – die Eltern von Fritz – sie sind auf ihrer Arbeit zu finden.
Aber wie ist das mit Gott, lässt der sich so einfach finden? Dass dem nicht so ist, dieser Frage gehen wir heute in unserem Gottesdienst nach.
Wenn wir auf unser eigenes Leben schauen, dann stellen wir fest, dass auch wir immer wieder bewusst oder unbewusst auf der Suche nach Gott sind. Selbst die, die die Existenz Gottes leugnen, sind auf der Suche nach etwas religiösen, nach einem Gottersatz.
Das ist sicher auch wichtig weil wir im Auf und Ab des eigenen Lebens, wo es nicht immer nur die guten und schönen Tage gab ein Gegenüber brauchen, der uns Halt und Sinn für das Leben gibt.
Im Leben gibt gute und schlechte Tage, gibt es Höhen und Tiefen. Und mancher erlebt auch Schicksalsschläge, erfährt Leid, vielleicht sogar so, dass er mit Gott hadert und ihm anklagt. Vielleicht sich sogar von Gott lossagt.
Mancher hat vielleicht sogar diese Erfahrung gemacht, um eine Aussage aus dem Predigttext heute vorwegzunehmen, dass er oder sie solche Schmerzen hat, dass er sich irgendwo „mit der Hand festkrallen“ muss. Sie kennen das?! Hiob, um den es uns heute geht, jedenfalls hat diese Erfahrung gemacht. Aber nicht nur das.
Die Mitteilung seines Schicksalsschlages, der Zusammensturz des Hauses, in dem gerade seine Kinder eine Party feierten, und der Tod der Kinder ist ja sogar sprichwörtlich geworden, wenn wir von einer Hiobsbotschaft reden. Aber es ging ja weiter mit den Schicksalsschlägen bei ihm. Sogar seine Frau hat sich dann noch von ihm abgewendet.
Nun es gibt in der Situation auch etwas Positives. Nachdem sich sogar seine Frau von ihm abgewendet hat, hatte er noch drei Freunde, die ihm in diesem Leid beistanden. Eine gute Freundschaft, die Beistand und Hilfe in Zeiten der Not gibt, ist etwas sehr Wertvolles. Die drei Freunde haben in der Situation auch nicht alles richtig gemacht. Ja manche Ratschläge waren total verkehrt. Aber sie standen ihm bei.
Nun der dritte Freund forderte am Schluss Hiob auf, er solle doch wieder zu Gott umkehren. Doch für Hiob war diese Aufforderung ganz unverständlich, weil er sich eigentlich trotz der Schicksalsschläge nicht von Gott abgewendet hat.
So antwortet er darauf – wir lesen aus Hiob 23,1-17:
1 Hiob sagte:
2 »Auch heute muss ich bitter klagen, schwer lastet Gottes Hand auf mir, ich kann nur noch stöhnen!
3 Wenn ich doch wüsste, wo ich ihn finden könnte und wie ich zu seinem Thron gelange!
4 Ich würde ihm meinen Fall darlegen und alle Gründe nennen, die zu meinen Gunsten sprechen!
5 Ich wollte wissen, was er mir zur Antwort gibt, und verstehen, was er mir dann sagt.
6 Würde er wohl alle Kraft aufbieten, um mit mir zu streiten? Nein! Er würde mir Beachtung schenken!
7 So könnte ich meine Unschuld beweisen, und Gott würde mich endgültig freisprechen.
8 Doch ich kann ihn nirgends finden! Ich habe ihn im Osten gesucht – er ist nicht dort, und auch im Westen entdecke ich ihn nicht.
9 Wirkt er im Norden, oder wendet er sich zum Süden hin, sehe ich doch keine Spur von ihm; nirgends ist er zu erblicken!
10 Doch er kennt meinen Weg genau; wenn er mich prüfte, wäre ich rein wie Gold.
11 Unbeirrbar bin ich dem Weg gefolgt, den er mir zeigte, niemals bin ich von ihm abgeirrt.
12 Ich habe seine Gebote nicht übertreten; seine Befehle zu beachten, war mir wichtiger als das tägliche Brot.
13 Aber Gott allein ist der Herr. Was er sich vornimmt, das tut er auch, und niemand bringt ihn davon ab.
14 So wird er ausführen, was er über mich beschlossen hat; und dieser Plan ist nur einer von vielen, die er bereithält.
15 Darum habe ich Angst vor ihm; wenn ich darüber nachdenke, packt mich die Furcht!
16 Ja, Gott hat mir jeden Mut genommen; der Gewaltige versetzt mich in Angst und Schrecken!
17 Doch die Dunkelheit bringt mich nicht zum schweigen, diese tiefe Finsternis, die mich jetzt bedeckt.«
So richtig weiß Hiob immer noch nicht, was in seinem Leben abgeht. Wieso er das alles durchmachen muss? Alles ist durcheinander. Was bisher oben war, ist jetzt unten und was unten war ist jetzt oben.
Vielleicht haben sie so etwas auch selbst schon erlebt. Und Schmerzen ohne Ende. Schmerzen, da weiß man nicht, ob man stehen oder liegen soll. Mancher kann das vielleicht nachfühlen.
Der aufmerksame Zuhörer wird fragen: Wo stand das im Bibeltext, dass Hiob sich mit der Hand vor Schmerz festkrallt? Ich muss zugeben, in der Bibelübersetzung, die ich verwendet habe, stand es nicht, da ist es Gottes Hand, die den Schmerz verursacht. Die meisten deutschen Bibelübersetzungen lesen es auch so. Doch im Urtext lese ich es anders, wie auch die eine Übersetzung: „Auch heute lehnt sich meine Klage auf, meine Hand muss mein Stöhnen bezwingen. (Hiob 23,2 NeÜ)“
Aber dennoch bleibt bei Hiob der Verursacher des Schmerzes Gott. Und der ihn verursacht hat, der ist aber nicht erreichbar. Es ist so, als wenn man am Telefon eine Nummer anruft und dann hört: Kein Anschluss unter dieser Nummer.
Wie sagt Hiob über Gott: „Wenn ich doch wüsste, wo ich ihn finden könnte und wie ich zu seinem Thron gelange! Ich würde ihm meinen Fall darlegen und alle Gründe nennen, die zu meinen Gunsten sprechen!“
Gott ist nicht da, Hiob ist frustriert, weil er Gott nicht finden kann.
Vielleicht haben Sie in ihren Leben auch schon diese Erfahrung gemacht, dass da wo Sie Gott am dringendsten benötigten, dass er in dem Moment schweigt?
Da stehen wir und erfahren Druck in unserem Leben. Die Jüngeren in der Schule, im Beruf, – vielleicht Mobbing und Leistungsstress.
Auch in der Familie – verschiedenste Herausforderung und Ansprüche – schwererziehbare Kinder, Krankheiten, Schicksalsschläge – und auch im Alter, das nicht mehr leisten können, was man leisten möchte.
Unser eigenes Unvermögen? Wir sind begrenzt! Hätten wir da nicht Gott nötig? Aber Gott ist nicht da – er schweigt. Wie reagieren wir? Empörung gegen Gott?! Was ist Gottes Absicht – Ist es Prüfung – etwa unserm Gehorsam ihm gegenüber? Gott, wo bist du?
Da haben wir doch Sehnsucht nach Gemeinschaft mit Gott. Aber Gott ist nicht da – er schweigt!
Hiob jedenfalls ergeht es so. Er wollte an dieser Stelle nur eine Chance, eine Chance im Leben, seine Unschuld und seine Treue zu beweisen. Gott sollte ihm doch wenigstens einmal zu hören. Er sollte wie ein gerechter Richter sein, der die Anliegen eines Menschen anhört. Er hätte ihm eine Fülle von Argumenten zu liefern.
Vielleicht geht es uns manchmal auch so? Nicht nur Gott gegenüber? Vielleicht dem Vorgesetzten gegen über, dem Ehepartner, den Kindern, dem Nachbarn! Wenn sie doch nur einmal zuhören würden? Wenn doch nur mal einer zuhören würde? Wenn mir mal einer zuhören würde, warum und weshalb?
Hiob jedenfalls weiß, dass Gott, wenn er sich dann doch einmal finden lasse, sich auch herablassen werde, seine Selbstverteidigung anzuhören, dass er ihn zu Worte kommen lassen und nicht durch seine Größe außer Fassung bringen werde.
Liebe Gemeinde,
die Rede von Hiob gibt uns heute allein keine Lösung. Aber sie macht eines deutlich, dass das Leben nicht auf geraden Linien verläuft, das Fragen und Zweifeln dazu gehören, auch zum Glauben an Gott. Ja selbst das Schweigen Gottes gehört dazu.
Am weiteren Geschehen bei Hiob sehen wir, dass sein Ringen um Gott dann auch belohnt wurde, aber etwas wurde ihm deutlich, dass auch uns gelten sollte: „Vertraue dem souveränen Gott, auch wenn du nicht verstehst, weshalb die Dinge im Leben schlecht laufen.“
Hiob kann dann am Schluss seines Lebens sagen:
5 Ich hatte von dir nur vom Hörensagen vernommen; aber nun hat mein Auge dich gesehen. 6 Darum gebe ich auf und bereue in Staub und Asche. Hiob 42,5-6
Ich kann Ihnen nur empfehlen, einmal das Buch Hiob zu lesen. Nehmen sie dazu eine modernere Übersetzung.
Auf das Schweigen Gottes bei Unfall und Katastrophen oder auch auf Auschwitz und Buchenwald werden wir hier auf Erden keine Antwort finden, aber vielleicht hilft uns folgendes, dass Dennoch des Glaubens zu finden:
Nach dem zweiten Weltkrieg fand man an der Wand eines Kellers, in dem sich einige Juden vor den Nazis versteckt hatten, folgende Aufschrift:
- „Ich glaube an die Sonne, auch wenn sie nicht scheint.
- Ich glaube an die Liebe, auch wenn ich sie nicht spüre.
- Ich glaube an Gott, auch wenn er schweigt.“
Selbst Jesus am Kreuz musste dieses Schweigen Gottes ertragen: „Mein Gott, mein Gott warum hast du mich verlassen?“ Doch das Schweigen Gottes ist nicht das letzte, sondern dass er auch da ist, wenn wir ihn nicht verstehen und sehen.
Dass wir auch mit dem Psalmbeter beten können: „Dennoch bleibe ich stets an dir; denn du hältst mich bei meiner rechten Hand.“ Psalm 73,23
Oder wie es Nikolaus Graf von Zinzendorf ausdrückt:
Halleluja, welche Höhen, welche Tiefen reicher Gnad, dass wir dem ins Herze sehen, der uns so geliebet hat; dass der Vater aller Geister, der der Wunder Abgrund ist, dass du, unsichtbarer Meister, uns so fühlbar nahe bist.
Amen
Und der Friede Gottes welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus unseren Herrn.
Amen