(c) sxc.hu/gabetarian
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Wenn man als Pfarrer neu in eine Gemeinde kommt, wird man in der Regel von den meisten Leuten freundlich empfangen und aufgenommen. Jeder möchte erst einmal mehr oder weniger ein guter Freund sein. Hat man in der Gemeinde eine relativ lange Vakanzzeit hinter sich, ist die Gemeinde erst einmal froh überhaupt einen Pfarrer zu haben.

Doch es ist wie bei der Liebe. Ist die Zeit des sich „Kennenlernens“ und des „Verliebtseins“ vorbei und der Alltag eingekehrt, erkennt man schnell seine gegenseitigen Fehler. Das ist normal. Dann kann gute konstruktive Kritik, in Liebe gesagt, einander vorwärts bringen. Schließlich gehört es ja zum Menschsein, auch bei einem Pfarrer dazu, dass man Fehler macht. Doch so liebevoll geht man in einer kleinen Gemeinde, auch wenn es das Gebot Jesu ist, nicht um.

In den Sitzungen der Gemeindeleitung werden schnell die Defizite, die es in der Gemeinde gibt, auf den Tisch gebracht. Oft geschieht das so, dass der Pfarrer allein daran schuld ist, dass es sie gibt. Da geht die Kinder- und Jugendarbeit zurück und der Besuch im Gottesdienst wird weniger. Dem Pfarrer wird das verletzend in die Schuhe geschoben: „Du bist daran schuld“ Dabei spielen in Wirklichkeit noch ganz andere Faktoren eine viel größere Rolle, wie z.B. der demografische Wandel, dass die Jugend wegzieht usw.

Manchmal erlebt man es, dass die Kritik eines einzelnen, so verallgemeinert wird, als hätten es alle sagt. Fragt man aber noch einmal nach, dann stehen auf einmal die anderen gar nicht hinter der Kritik. Aber als der eine die Kritik ausspricht, hat kein anderer etwas dagegen gesagt.

In der Gemeinde erlebt man es oft, dass man als Pfarrer mit den Vorgänger verglichen wird. Es gibt Gemeindeglieder, die machen das noch nach 5 oder 10 Jahren. Selbst wenn sie dessen Arbeit 1 zu 1 kopieren könnten, sie werden ihm nie das Wasser reichen. Er wird immer besser sein. Darum versuchen sie es erst gar nicht, sondern suchen sie ihren Weg in der Gemeinde zu finden. Aber werden sie auch nicht überheblich, wenn Leute sie gegenüber ihrem Vorgänger als den besseren Pfarrer preisen. Denn Hochmut kommt bekanntlich vor dem Fall und das führt wieder zu Verletzungen.

Da bemüht man sich als Seelsorger sehr intensiv um einen einzelnen Menschen, vielleicht sogar so, dass darüber die Familie vernachlässigt wird. Man begleitet ihn in den Krisen seines Lebens, steht ihm bei und bringt ihn auf einen guten Weg. Er ist so gut wie aus der Krise. Nur das eine Mal sagt man: „Ich habe jetzt keine Zeit für dich!“ Schon wendet er sich von mir ab und erklärt mir, was ich denn für ein schlechter Seelsorger bin. So kann die Seelsorge zum Ort werden, wo der Seelsorger Verletzungen erfährt.

Ein Gemeinde ist kein spannungsfreier Ort. Es menschelt in ihr. Und es menschelt in den Beziehungen zwischen den Gemeindegliedern. Manchmal kann es zu regelrechten Gruppenbildung kommen. Das ist aber keine Erfahrung der Neuzeit. Der Apostel Paulus musste schon in Korinth mit diesem Problem kämpfen. Daher stehen wir Pfarrer damit in einer „guten“ Tradition. Leider ist es aber so, dass dann manche Spannungen, die Gemeindeglieder miteinander haben, auf dem Rücken des Pfarrers ausgetragen werden. Er kann dann ganz schnell zum Spielball zwischen den Fronten werden. Und wenn er dann nicht mit sich spielen lässt? Nun dann kann er im Extremfall zum ausgemachten gemeinsamen Feind werden. Dann werden aus Freunden Feinde. Und die sind dann innerhalb der Gemeinde. Wir wollen aber nicht verschweigen, dass es sich manchmal auch umkehrt und aus Feinden wieder Freunde werden.

Manchmal gibt es ein Ende mit Schrecken. Im schlimmsten Fall trennen sich Gemeindeleitung und Pfarrer auf Anraten der Kirchenleitung vorzeitig wegen ungedeihlichen Miteinanders. Dabei muss aber nicht die Gemeinde gehen. Sie bleibt. Nein, der Pfarrer muss gehen, selbst dann, wenn ihm von der Kirchenleitung niemand etwas vorwerfen kann und er seinen Dienst nach besten Wissen und Gewissen getan hat.

Die Liebe sei ohne Falsch. Hasst das Böse, hängt dem Guten an. Die brüderliche Liebe untereinander sei herzlich. Einer komme dem andern mit Ehrerbietung zuvor. Seid nicht träge in dem, was ihr tun sollt. Seid brennend im Geist. Dient dem Herrn. Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, beharrlich im Gebet. Nehmt euch der Nöte der Heiligen an. Übt Gastfreundschaft. Segnet, die euch verfolgen; segnet, und flucht nicht. Freut euch mit den Fröhlichen und weint mit den Weinenden. Seid eines Sinnes untereinander. Trachtet nicht nach hohen Dingen, sondern haltet euch herunter zu den geringen. Haltet euch nicht selbst für klug. Vergeltet niemandem Böses mit Bösem. Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann. Ist’s möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden!

Römer 12,9-18

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