Der unbekannte Gott
Predigt zu Apostelgeschichte 17,22-34 – Sonntag Jubilate 2021
Liebe Freunde,
ich mache gern Individual-Urlaub. Das heißt, Urlaub, bei dem ich mir das Programm selbst aussuche und nicht von einem Reiseveranstalter vorgeben lasse. Das ist manchmal etwas aufwändig und anstrengend, aber dank Reisebücher, Internet und mancher App recht gut möglich. So haben wir es vor einigen Jahren in Istanbul in der Türkei und später dann in Sevilla in Spanien gemacht. Was ich in diesen Städten dann gern gemacht habe, ist ein sogenanntes “Sightseeing” – eine Busrundfahrt durch diese Städte, um über die wichtigsten kulturellen Orte der Städte einen Überblick zu bekommen. Das ist recht hilfreich, um diese Städte und ihre Sehenswürdigkeiten kennenzulernen. Da kann man anschließend gut auswählen, welche Orte man noch besuchen will.
Kleinere Städte, wie Altenburg, bieten solche Touren nicht an, aber hier gibt es Fremdenführer, die in ähnlicher Weise einen Überblick geben.
Warum es immer besser ist, eine bestehende Kirchengemeinde neu zum Leben zu erwecken, anstatt neue Gemeinden zu gründen?!
Mir begegnen immer mehr Christen, die nicht mehr von den Landeskirchen und ihren Strukturen halten, aber die auch in den Freikirchen keinen Platz und Heimat finden. Sie schweben sozusagen im leeren Raum. Sehr oft haben sie sich an den Strukturen und an den hauptamtlichen Mitarbeitern vorort zerrieben. Dennoch ist es gar nicht so einfach, dass sie neue Heimat finden. Manchmal sind es dann noch Hauskreise, die sie auffangen und in denen sie dann ein Nischendasein fristen.
Doch das ist nicht Gemeinde im Sinne Jesu. Aber oft sind ja viele Gemeinden richtig am Boden. Der Gottesdienstbesuch tendiert zu null. Kein Gebet, keine Bibelstunde usw. mehr. Soll man sie sterben lassen. Gerade in den ostdeutschen Landeskirchen gibt es immer mehr Kirchen ohne Gemeinde. Wie gehen wir damit um? Und wenn neues, dann Gemeindegründungen?
Du bist ja doch unter uns, HERR, und wir heißen nach deinem Namen; verlass uns nicht!
Predigt zu Jeremia 14,1-9 – 2. Sonntag nach Epiphanias – 19.01.2020
gehalten in Flemmingen und Garbisdorf
Liebe Gemeinde,
in der Leipziger Internet-Zeitung stand am 8. Januar 2020 folgender Artikel:
„Noch ist man am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) Leipzig sicher, dass es nach den beiden Dürre-Sommern 2018 und 2019 nicht gleich eine Serie von Dürren in Mitteldeutschland geben wird. Aber das Jahr 2020 hat ja gerade erst begonnen. Niemand weiß, welche Wetterlagen kommen werden. Und tatsächlich thematisiert die Konferenz „Dürren in Mitteldeutschland – Auswirkungen, Herausforderungen, Anpassungsoptionen“ etwas, womit auch in Mitteldeutschland künftig häufiger zu rechnen ist.“
https://www.l-iz.de/bildung/forschung/2020/01/Am-14-und-15-Januar-beschaeftigt-sich-eine-Leipziger-Konferenz-wissenschaftlch-mit-den-Folgen-der-Duerre-311334
Dennoch spüren wir, dass sich unser Klima verändert. Natürlich gab es immer schon Perioden, wo das Wetter Kapriolen schlug. Es gab auch schon mehrere Dürren hintereinander. Davon berichten auch alte Chroniken und Aufzeichnungen, wie wir sie auch in unseren Pfarrarchiven finden. Doch diese Dürren und Wetterveränderungen waren nicht so von Dauer, wie sie heute sind. Aktuell hat ja besonders Australien mit der Hitze und den Waldbränden zu kämpfen.
Das Evangelium, die Unerreichten und die Region
Seit einigen Wochen bin ich wieder im Altenburger Land. Das hat die Folge, dass die Region wieder größer geworden ist, in der ich als Pfarrer Dienst tue, dass es in meinem Bereich Kirchen gibt, in denen nur alle drei bis vier Wochen Gottesdienst ist. Ja und in einer Kirche ist so gut wie nie Gottesdienst. Fast werde ich an die Zeit des Kirchenvaters Bonifatius erinnert, als er begann Thüringen zu missionieren. Dabei finde ich hier in der Region gute und engagierte Christen, die mit viel Engagement und Herz ihre Kirchen renovieren und den Rest an Gemeindeleben versuchen so attraktiv wie möglich zu gestalten.
Auch vor wenigen Wochen hat die Evangelische Verlagsanstalt ein kleines Büchlein herausgebracht: „Das Evangelium, die Unerreichten und die Region“. Ein Büchlein, das versucht Akzente zusetzen, wie man heute im beginnenden 21. Jahrhundert im säkularisierten Deutschland missioniert.
Dorf ist nicht gleich Dorf
Es ist ja gut, dass man sich bei der Kirche zunehmend mit dem Thema „Kirche im ländlichen Raum“ beschäftigt. Das Magazin 3E hat sogar dafür eine ganze Ausgabe gewidmet. Dabei ist mir aber aufgefallen, dass man ein Bild von einem Dorf zeichnet, welches nur teilweise so stimmt.
Es gibt sie bestimmt in sehr großer Zahl: diese Dörfer, wo die Jugend wegzieht, wo die Abwanderung im großen Stil erfolgt, wo der letzte Laden geschlossen hat, das Bäckerauto oder der Lebensmittelhändler nur noch einmal die Woche kommt. Die Dörfer, die mehr oder weniger aussterben, wo Sozialdienste und die Kirche die Kontaktträger sind.
Gesunde Kirche auf dem Lande durch Mischkultur
Ich möchte diesen Beitrag mit einem Zitat von Martin Buber beginnen. Dabei habe ich dieses Zitat nicht aus einem Theologiebuch, sondern aus einem Gartenbuch, welches sich mit gesunden Gemüseanbau beschäftigt:
Ich habe keine Lehre.
Ich zeige nur etwas.
Ich zeige Wirklichkeiten, ich zeige
etwas an der Wirklichkeit,
was nicht oder zuwenig gesehen worden ist.
Ich nehme ihn, der mir zuhört, an der Hand
und führ‘ ihn zum Fenster.
Ich stoße das Fenster auf
und zeige hinaus.
Dieses Gartenbuch stammt aus der Mitte der Achtziger Jahre. Das Besondere an diesem Gartenbuch ist es plädiert für eine Mischkultur im Gemüsegarten. Dabei wird der Anbau von verschiedenen Gemüsesorten miteinander vermischt, so dass sich diese in ihrem Wuchs gegenseitig ergänzen. Natürlich gibt es auch so etwas wie ungünstige Nachbarschaften, so vertragen sich z.B. Bohnen und Zwiebeln nicht miteinander.
Datennutzung und Datenschutz in der Gemeindearbeit
Es ist schon komisch, gerade in der Kirche haben wir einen sehr großen Zugang zu den persönlichen Daten der Menschen. Darum gibt es ja auch das rechtlich gesicherte Seelsorgegeheimnis. Doch auch andere Daten sind uns zugänglich und sehr oft erhalten wir sie von den Menschen auch freiwillig. Einerseits stellt uns das als Gemeinde in eine große Verantwortung auch im Punkto Datenschutz. Auch wenn wir wissen, dass dieser gar nicht so gegeben ist. Doch andererseits müssen wir uns fragen lassen, nutzen wir sie auch richtig für unsere gemeindliche Arbeit?
Gemeindenetzwerk – Netzwerkgemeinden
Nachdem gerade eine Strukturveränderung in unserer Region vollzogen, aber noch nicht verkraftet ist (von Reform will ich nicht reden), steht die nächste schon ins Haus. Und sie wird kommen, weil sie leider notwendig ist. Sicher kling der Slogan „Umbau statt Rückbau“ optimistisch. Es wäre schlimm, wenn es nicht so wäre. Und gut ist es, wenn es jetzt wenigstens am Anfang nicht gleich um Strukturen geht, sondern dass man wirklich mal nach Inhalten, Chancen und Möglichkeiten fragt. Etwas sehr Wichtiges ist, dass die Mission wieder in den Mittelpunkt gerückt wird. Wir sind keine Kirche der Verwaltung, sondern sollten eine Kirche der Mission sein. Als Kirche müssen für uns die Prioritäten klar gesetzt sein, wie sie auch auf dem Kongress Kirche² gesetzt wurden: 1. Jesus – 2. Mission – 3. Gemeinde. Und dann kommt irgend wann weit hinten vielleicht einmal die Verwaltung.
Die Rettungsstation
„An einer gefährlichen Küste, die schon vielen Schiffen zum Verhängnis geworden war, befand sich vor Zeiten eine kleine, armselige Rettungsstation. Das Gebäude war nicht mehr als eine Hütte, und dazu gehörte nur ein einziges Boot; aber die Handvoll Freiwilliger versah unentwegt ihren Wachdienst und wagte sich tags wie nachts unermüdlich und ohne Rücksicht auf ihr eigenes Leben hinaus, um Schiffbrüchige zu bergen.
Soziale Verantwortung in der Gemeinde
Da läuft jetzt alles beim Bau der Mauer und beim Wiederaufbau des Tempels. Den Feinden wurde das Maul gestopft. Nehemia und das Volk könnten zufrieden sein und in aller Ruhe ihre Arbeit machen. Doch gerade da werden Missstände in der Gemeinschaft aufgedeckt. In Nehemia 5 lesen wir, wie es in dieser Gemeinschaft einige Leute gibt, die sozial benachteiligt waren. Sie mussten ihr Hab und Gut, ja sogar die Arbeitskraft ihrer Familienangehörigen verpfänden, um genügend Lebensmittel zu bekommen.
Andere mussten Kredite aufnehmen, um die vom König geforderten Steuern bezahlen zu können.
In der Zeit des Aufbruchs war das alles erst einmal nach hinten getreten. Umso mehr bricht es jetzt nach vorn und wird zu einem brennenden Problem für Nehemia und seine Leute.
Was ist eigentlich Gemeinde?
Ich fange einmal mit der Begriffsbestimmung, was Gemeinde ist, ganz nach meiner lutherischen Tradition an, nämlich mit der Confessio Augustana – dem Augsburgischen Bekenntnis. Da steht in Artikel 7:
VON DER KIRCHE
Es wird auch gelehrt, daß allezeit eine heilige, christliche Kirche sein und bleiben muß, die die Versammlung aller Gläubigen ist, bei denen das Evangelium rein gepredigt und die heiligen Sakramente laut dem Evangelium gereicht werden. Denn das genügt zur wahren Einheit der christlichen Kirche, daß das Evangelium einträchtig im reinen Verständnis gepredigt und die Sakramente dem göttlichen Wort gemäß gereicht werden. Und es ist nicht zur wahren Einheit der christlichen Kirche nötig, daß überall die gleichen, von den Menschen eingesetzten Zeremonien eingehalten werden, wie Paulus sagt: „Ein Leib und ein Geist, wie ihr berufen seid zu einer Hoffnung eurer Berufung; ein Herr, ein Glaube, eine Taufe“ (Eph 4,4.5).