Kirche Fraureuth AltarGott will unter uns wohnen – Kirchweih 2013
Kirche Fraureuth Altar
Kirche Fraureuth Altar
 Fraureuth 21. Stg. n. Trin 20.10.2013

Liebe Gemeinde,

vor 10 Tagen hatten wir hier in unserer Kirche Besuch aus dem fernen Japan. Vier japanische Christen, die in einer japanischen Orgelbaufirma arbeiten bzw. sogar der Chef dieser Firma wollten unsere Silbermann-Orgel sehen. Sie haben alle Klischees eines japanischen Touristen erfüllt. Sie waren voll mit Technik ausgerüstet um alles über die Orgel aufzunehmen.
Wir hatten schon befürchtet, sie wollten eine elektronische Tonkopie unserer Orgel erstellen. Also unsere Kirche mit der Orgel ist weltweit bekannt.
Heute feiern wir das Kirchweihfest. Es ist zwar kein besonderes Jubiläum, aber doch schon eine runde Zahl. Vor 280 Jahren wurde unsere Kirche erbaut. Die Einzelheiten dazu können sie ja in unserer Kirchenbroschüre nachlesen.
Wir wissen aber sie ist nicht die erste Kirche, denn aus der Vorgängerkirche gibt es ja noch den Marienaltar, der in Greiz im Museum zu finden ist.
Die Kirche als Gebäude im Ort war für unsere Mütter und Väter ein wichtiges Zentrum. Auch heute ist und bleibt unsere Kirche umgeben vom Friedhof immer ein gewisses Zentrum für uns hier in Fraureuth. Auch wenn sich in Fraureuth der Ortskern verlagert hat. Oder besser gesagt, man bald drei Ortskerne hat.
Die Kirche ist zwar etwas versteckt. Menschen von außerhalb müssen sie oft erst einmal suchen. Ich habe schon oft die Frage gehört: „Ja, wo ist denn eure Kirche?“
Für uns als Gemeinde ist die Kirche ein Ort der Begegnung und das in zweifacher Hinsicht, ein Ort der Begegnung mit Menschen und ein Ort der Begegnung mit Gott.
Aber Kirche gibt es auch noch anders, nicht nur als Gebäude, eben als Institution d.h. Als Rechtsorganisation: Was meint man damit, wenn jemand sagt: Ich gehöre zu Kirche.
Vielleicht ist es ja zu mindestens manchen in den vergangenen Wochen wieder einmal bewusst geworden, als unser Gemeindekirchenrat gewählt wurde und er oder sie einen Brief bekamen, wo sie zur Briefwahl eingeladen wurden. Ja und 50% unserer wahlberechtigten Gemeindeglieder haben auch daran teilgenommen.
Aber ehrlich brauchen wir denn wirklich die Kirche als Organisation noch – gerade heute in unserer so postmodernen Gesellschaft, wo sich doch alle Strukturen so rasend verändern? Brauchen wir die Kirche noch? Jetzt nach den Skandalen in der katholischen Kirche? Brauchen wir die Kirche wirklich noch als Institution?
Und mancherorts wird die Frage gestellt: Brauchen wir Kirche als Gebäude? Viele mühen sich ja um den Erhalt, auch Nichtchristen sind oft mit dabei. Aber ist es wirklich der Mühe wert.

Auf den ersten Blick macht es uns unser Predigttext heute nicht leicht, darauf eine ermutigende Antwort zu finden. Wir lesen aus dem Buch des Propheten Jesaja Kapitel 66, Verse 1-2:

1 Dies sagt der Herr: »Der Himmel ist mein Thron und die Erde der Schemel für meine Füße. Was für ein Haus müsstet ihr bauen, damit es diesem gleichkäme? Was wäre das für ein Ort, an dem ich ruhen könnte? 2 Dies alles haben meine Hände gemacht, durch sie ist alles entstanden«, spricht der Herr. »Ich achte auf die, die gedemütigt worden sind und einen gebrochenen Geist haben und vor meinem Wort zittern.

Die erste Frage, die steht lautet: Wo lässt sich Gott finden? Wo ist Gott? Wo finden wir Gott? Wo können wir ihm begegnen? Ist es die Kirche, deren Einweihung vor 280 Jahren wir heute gedenken? Ist es eine andere Kirche? Ist es ein anderer religiöser Ort? Oder ist es doch der Wald und die Natur, wie auch mancher meint?
Uns jedenfalls stellt sich Gott heute vor als der große Gott, als der allmächtige Gott, als der, der davon spricht, dass der Himmel sein Thron ist und die Erde sein Fußschemel. Er stellt sich als der für uns nicht fassbare Gott vor. Aber und das ist wichtig und ein entscheidender Charakterzug Gottes. Er stellt sich als der Gott vor, der auf das kleine achtet, der den Elenden sieht, und den, der auf ihn vertraut.
Gott stellt, sich uns heute als der Gott, vor, der uns Menschen begegnen will. Er will uns mitten in unserem Leben begegnen. Er will uns in unserem Alltag begegnen. Er will uns in unserem hier und heute begegnen. Und er will auch mit uns gehen. Auch im Morgen und wenn wir dann woanders sind.
Uns wird deutlich, das Gott kein Gott ist, der sich in Kirchen, Tempel oder irgendwelche Kulträume einsperren lässt. Er will ein Gott sein, der da ist. Ein Gott, der da ist, wo Menschen ihm vertrauen, wo Menschen seinem Wort nachfolgen, wo Menschen sich von ihm leiten lassen.

Das Haus, das wir bauen
So stellt sich de Frage: Wozu ist die Kirche da? Hat es denn überhaupt Sinn und Zweck dieses Gebäude über so viele Generationen zu erhalten, zu renovieren und zu erneuern? Manchmal gibt es ja sogar Kirchen, die wurden erst vielleicht in den 50iger Jahren des vorigen Jahrhunderts gebaut und werden schon wieder aufgegeben. Müssen wirklich so einen Aufwand betreiben für den Erhalt einer Kirche?
Wir haben schon gesehen: Gott selber braucht die Kirche nicht, denn er ist über all gegenwärtig. Er braucht kein Haus und keinen Kult. Er will sich überall verherrlichen und für die Naturfreunde – auch im Wald, aber nicht nur da.
Wir feiern ja auch Gottesdienst nicht nur hier in der Kirche. Am Johannistag sind wir auf den Friedhof, Himmelfahrt sind wir im Pfarrgarten oder im Grünen, die Jesus-Freaks feiern ihren Gottesdienst bei McDonald, wie auch immer das geht.
Vielleicht sind diese Worte unseres Predigttextes auch so radikal, weil sie sich an die Juden wenden, die gerade wieder aus der Babylonischen Gefangenschaft nach Jerusalem zurückkehren. Und sie finden eben in Jerusalem das Haus Gottes den Tempel als den Ort des Kultes total zerstört. Und die Menschen beginnen trotz aller Armut, trotz allem Elend zuerst mit dem Aufbau des Tempels. Sie brauchen ihn diesen Ort.
Gott braucht den Ort des Kultes nicht, aber der Mensch. Wir Menschen brauchen ihn. Gott ist überall da, wo wir hintreten – als der Erhalter und Bewahrer der Schöpfung, als der Gott, der mit uns geht. So sagt es auch sein Name „Ich bin, der ich sein werde“.
Doch wir brauchen die Kirche oder den Tempel. Wir brauchen den Ort des Kultes . Das zeigt sich in allen Kulturen, das zeigt sich in allen Generationen, das zeigt sich in unserem Menschsein. Selbst die Atheisten und die Kommunisten brauchen den Ort des Kultes. Und bezeichnenderweise, das lehrt uns die Geschichte, je weniger man an Gott glaubt, umso mehr braucht man den Kult.

Aber auch wir brauchen unsere Kirche um Gott zu finden. Sicher das Kämmerlein zum Gebet ist wichtig, der Gesprächskreis zum Austausch ist wichtig, die Räume der Gemeinschaft sind wichtig, dennoch brauchen wir die Kirche als Ort des Herausgenommenseins aus der Hektik des Alltags. Wir brauchen sie als den Ort, wo wir Ruhe finden, wo wir uns besinnen können. Wir brauchen sie als Ort der Andacht. Das kann in der Stille geschehen, im Hören auf Gottes Wort, oder beim Orgelklang.
Kirche ist aber noch mehr. Sie ist ein Ort der Begegnung, wo wir mit anderen auf dem Weg sind, auf dem Weg des Glaubens hin zu Gott. Sie ist zugleich das Symbol unserer Verbundenheit miteinander und mit dem allgegenwärtigen Gott.

Gott ist gegenwärtig
Oft singen wir am Anfang des Gottesdienstes den Choral „ Gott ist gegenwärtig, lasset uns anbeten …“ Es gehört zu unserem Glauben, dass wir auf die Gegenwart Gottes vertrauen und nicht nur heute und hier, sondern dass Gott überall auf dieser Welt gegenwärtig ist. Sicher gilt die Gegenwart Gottes für die Kirche in besonderer Weise.
Aber es wird uns deutlich, dass die Welt Gottes Kirche ist. Daher ist er in dieser Welt gegenwärtig. Seine Gegenwart geschieht oft in verborgener Weise, aber er ist da. Manchmal ist sie dennoch gestört, durch uns, durch unser Sünder sein, dass wir den Kontakt zu Gott abbrechen. Und wir können diese Störung nicht einfach mal so reparieren, wie der Elektriker den Stromausfall. Dazu bedarf es mehr.
Wir spüren Gott ist ständig gegenwärtig und am Werk. Dennoch ist sein Handeln manchmal für uns rätselhaft und nicht erkennbar. Dann kommt die Frage: „Gott wo bist du?“ Dann stellen wir ihn in Frage. Und das lässt Gott sogar zu. Er kommt uns dann entgegen. Er kommt uns nahe in seinem Sohn. Er begegnet uns mit seiner göttlichen Liebe und zeigt uns den Weg zum Leben.

Jesus spricht „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich. Johannes 14,6

Genau dieses Gottes Wort muss mir gesagt werden und das geschieht in der Kirche. Ich kann es mir nicht selber sagen. Das befreiende und leben-bringende Gotteswort muss mir gesagt werden.

Schluss
Wir sind heute hier um Gott für unsere schöne Barock-Kirche, die wir jetzt hier in Fraureuth seit 280 Jahren haben, zu danken In dieser Zeit und noch viel früher wurde unseren Vätern und Müttern Generation für Generation das leben-bringende Gotteswort verkündet. Es wurde gemeinsam Gebet, das Abendmahl gefeiert, Es wurde Menschen getauft und damit in die Gemeinschaft der Kinder Gottes aufgenommen, Ehepaare haben ihren Lebensweg unter den Segen Gottes gestellt. Und man hat Abschied genommen und Menschen unter Gottes Wort auf ihrem letzten irdischen Weg begleitet, wie wir es auch in dieser Woche getan haben. Immer wurde dabei Gottes Wort verkündet.
Zu unserer Kirche gehört die Silbermann-Orgel und mit ihr verbunden ist die Kirchenmusik in unserer Gemeinde, alles erklingt zum Lobe Gottes und uns zur Freude, auch dafür sind wir von Herzen dankbar.
Und wir sind dankbar für unsere Gemeinde selbst, dass wir miteinander auf dem Weg des Glaubens sind, dass wir gemeinsam Gottes Wort hören und darüber uns austauschen und Zeugnis geben, dass wir miteinander und füreinander beten, dass wir einander und anderen dienen, dass wir als Gemeinde Gemeinschaft haben.
Kirche in Fraureuth – das sind wir – das zeugt auch unsere letzte Gemeindekirchenratswahl.
Wenn wir Kirchweih feiern, feiern wir die Größe Gottes und dass wir als Gemeinde weiterhin miteinander auf dem Weg sind.
Amen.

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