„Steinreich, aber menschenleer?“

Was Martin Luther zur Kirche mit vielen Gebäuden, aber wenigen Gläubigen sagen würde

Einleitung: Die Krise der Fülle
Diese Kirche in Zutphen wurde zu einer Bibliothek umgenutzt.

Unsere Kirche steht inmitten eines Widerspruchs: Sie ist reich an steinernen Zeugen der Vergangenheit – Kirchengebäude, Türme, Altäre, Orgeln – und zugleich arm an lebendiger Beteiligung. Viel Raum, wenig Leute. Viel Struktur, wenig Gemeinschaft. Was würde Martin Luther zu einer Kirche sagen, die „steinreich“ an Gebäuden, aber „arm“ an gelebter Gemeinde ist?

1. Was ist Kirche für Luther? – Keine Mauer, sondern eine Bewegung

Luthers Kirchenverständnis beginnt nicht beim Kirchengebäude, sondern beim Evangelium. Kirche ist kein Bauwerk, sondern die lebendige Gemeinschaft derer, die sich um das Wort Gottes versammeln.

Confessio Augustana VII (1530) – unter Luthers Zustimmung formuliert: „Die Kirche ist die Versammlung aller Gläubigen, bei denen das Evangelium rein gepredigt und die Sakramente dem Evangelium gemäß gereicht werden.“

Auch Luther selbst sagt: „Eine geistliche Stadt, eine Herberge des Glaubens, eine Schule des Heiligen Geistes.“ (WA 10/I, 2)

Die kirchliche Gemeinschaft gründet nicht auf Stein, sondern auf Wort. Ein Gebäude wird erst dann zur Kirche, wenn in ihm das Evangelium verkündigt wird und Menschen im Glauben zusammenkommen.