Lokale Kirche und Netzwerk – Warum das Modell der weiteren Regionalisierung scheitern muss?

Kirchenkreis Greiz als Puszzle
Kirchenkreis Greiz als Puszzle

Einleitung

  • Ich liebe meine Kirche mit allen ihren Macken und Fehlern.
  • Ich liebe meine Gemeinden, in denen ich Dienst tue.
  • Ganz besonders liebe ich die Menschen, die dazugehören.
  • Andererseits sehe ich die Notwendigkeit der Veränderung in Kirche und Gemeinde.

So wie sich gegenwärtig die Menschen und die Gesellschaft verändern, müssen sich Kirche und Gemeinde verändern. Was sich nicht verändern darf, ist das Evangelium von Jesus Christus und seine Verkündigung. Das muss allgemeingültig bleiben. 

Die krisenhafte Situation der Kirche und der Bevölkerungsrückgang als Handlungsanstoß zur Schaffung einer neuen kirchlichen Struktur

  • Eigentlich befindet sich besonders in Ostdeutschland die Kirche seit mindestens 60 Jahren in der Krise. Vielleicht sogar noch früher, wenn man den Nationalsozialismus mit einbezieht.
  • Durch die geringen Gehälter für Pfarrer/innen und Mitarbeiter/innen und durch die Unterstützung der westdeutschen Kirche konnte die Krise 40 Jahre verschoben werden. Nichts oder nicht viel wurde bzw. konnte dagegen getan werden.
  • Spätestens seit der Wende trifft die Krise nun voll die Kirche im Osten. Das heißt also seit 23 Jahren. Seit 23 Jahren betreiben wir immer noch einen abgefederten Rückbau. Wir versuchen es mit Umstrukturierungsmaßnahmen, Zusammenlegung von Gemeinden, Regionalisierung usw.

Als ich vor etwa 20 Jahren in der damaligen Altenburger Kreissynode (ohne den damals noch existierenden Kirchenkreis Schmölln) mit einer Mindmap zur Strukturreform auftauchte, um Pfarrstellen einzusparen, da gab es einen Aufschrei. Heute ist diese Mindmap längst überholt. Vielmehr wurde dort eingespart.

Die Netzwerk(Cluster)-Kirche

Queens Museum of Art | The Panorama of the City of New York | close-up view over Manhattan, centered on the Empire State Building, also showing the Chrysler Building et al (c)  Chris Devers http://www.flickr.com/photos/cdevers
Queens Museum of Art | The Panorama of the City of New York | close-up view over Manhattan, centered on the Empire State Building, also showing the Chrysler Building et al
(c) Chris Devers
http://www.flickr.com/photos/cdevers/8062634852/

Die lokale Kirche als ein Cluster-Netzwerk.

In dem Buch „Gemeinde im Kontext: Neue Ausdrucksformen gemeindlichen Lebens “ (Hrsg. Christiane Moldenauer/ Georg Warnecke) geht Georg Warnecke in dem Artikel „Die Welt ein – Dorf“ der Struktur von Cluster nach. Konkretisiert ist diese Struktur am Beispiel der CityChurch Würzburg. Dies beschreibt Kerstin Kühnel in ihrem Artikel „Clusternentwicklung in der CityChurch – erste Prozesse auf einem langen Weg“ Dieser Artikel ist in dem Buch „Beziehungsweise leben: Inspirationen zum Leben und Handeln im Einklang mit Gott und Menschen “ (Hrsg. Daniel Ehniss & Björn Wagner) zu finden.

Kann das Modell der Cluster für die lokale Kirche ein Modell der Zukunft sein? Kann sich die Gemeinde der Zukunft so aufbauen? In diesem Blogbeitrag möchte ich an Hand dieser beiden Artikel und weiterer Quellen ein wenig darüber nachdenken.

Die lokale Kirche stärken

Gottesgrüner Kirche
Gottesgrüner Kirche

Es ist der zweite Beitrag infolge, der sich mit den kleinen Gemeinden auf dem Lande bzw. mit der Kirche vor Ort beschäftigt. Das ist mir immer schon ein Herzensanliegen, weil ich glaube, dass die lokale Kirche  in unserer  (evangelischen) Kirche die wichtigste Kraft ist, die das Evangelium zu den Menschen bringt. Als ich vor 25 Jahren als Pfarrer im Altenburger Land begonnen habe, begann ich in einer Kirche der kleinen Gemeinden zu arbeiten. Sie ist auch heute noch eine Kirche der kleinen Gemeinden trotz aller Strukturreformen. In den Gemeinden in denen ich damals meinen Dienst begann, begegneten mir manchmal die Gemeindeglieder dort mit der Aussage: “Wir sind die Letzten – nach uns kommt niemand mehr!” Gott sei dank, das hat sich nicht bewahrheitet. Nach wie vor existieren die kleinen Gemeinden noch und sind noch recht aktiv. Nach wie vor existiert die lokale Kirche vor Ort noch – auch wenn sie umstrukturiert und sogar von der Kirchenleitung manchmal recht stiefmütterlich behandelt wurde. Denn leider gab es in der Kirche genauso wie in der Gesellschaft das Bestreben alles zu zentralisieren, sogenannte Hauptgemeinden zu gründen und zu Zentralgottesdiensten und Zentralveranstaltungen einzuladen, alles auf einen Ort zu konzentrieren.

Ein Plädoyer für die kleinen Gemeinden – besonders auf dem Lande

Die kleine Dorfkirche von Kötschau
Die kleine Dorfkirche von Kötschau

Immer wieder macht es in der evangelischen Kirche die Runde, wenn es um Strukturveränderungen geht, dass kleine Gemeinden ihre Selbständigkeit aufgeben sollen. Kleine Gemeinden – damit sind Gemeinden vielleicht mit so etwa unter 100 Gemeindglieder gemeint, manchmal sogar unter 200 Gemeindeglieder. Bei der Weitergabe der Haushaltsmittel werden diese gegenüber großen Gemeinden sehr oft benachteiligt. Es wird ihnen dann prozentual weniger überwiesen. Dabei finden wir in Ihnen oft ein viel aktiveres und lebendigeres Gemeindeleben als in den großen Gemeinden. In ihnen finden wir viel Glaubenskraft und Energie. Für viele Christen geben gerade kleine Gemeinden in Zeiten der Veränderung einen Ort der besonderen Heimat und Geborgenheit.

Was soll das neue Blatt? – Kirchliche Medienarbeit

Das Titelblatt des Fraureuther Heimatboten
Das Titelblatt des ersten Fraureuther Heimatboten

Dem neuen Ortspfarrer von Fraureuth war es vom ersten Tage an eine Not, dass kein Gemeindeblatt vorhanden war, in welchem man leicht an die Einzelnen mit seinen Gedanken herankommen kann. Viele entziehen sich ja heutzutage dem Einfluss der Kirche. Vom Hörensagen ist noch nie etwas Gescheites geworden! In der Kirche und auf der Kanzel kann nicht alles gesagt werden, was unbedingt gesagt werden muss. Blätter werden verteilt, hinter deren Absichten man nicht gut treten kann.

Der “Heimatbote” will Bindeglied sein zwischen Pfarrer und Gemeinde. Alles was sonst im kirchlichen Leben von Fraureuth von Belang ist, soll gebracht werden. Wenn dann sich ein unsichtbares Band um uns alle schlingt in das auch auswärtige Fraureuther – die sich ihrer Heimat gern erinnern und denen der “Heimatbote” die Geschehnisse der Gegenwart und Vergangenheit unseres Ortes übermitteln – eingeschlossen seien, so ist ein schönes Stück auf dem geplanten Wege erreicht.

Das war die Motivation, welche veranlasste, dass meinen Vorgänger in Fraureuth Pfarrer Reindke vor etwas mehr als 80 Jahren in Fraureuth den ersten Gemeindebrief “Heimatbote” herausgab.