Predigt zu Jeremia 14,1-9 – 2. Sonntag nach Epiphanias – 19.01.2020

gehalten in Flemmingen und Garbisdorf

Liebe Gemeinde,

in der Leipziger Internet-Zeitung stand am 8. Januar 2020 folgender Artikel:

„Noch ist man am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) Leipzig sicher, dass es nach den beiden Dürre-Sommern 2018 und 2019 nicht gleich eine Serie von Dürren in Mitteldeutschland geben wird. Aber das Jahr 2020 hat ja gerade erst begonnen. Niemand weiß, welche Wetterlagen kommen werden. Und tatsächlich thematisiert die Konferenz „Dürren in Mitteldeutschland – Auswirkungen, Herausforderungen, Anpassungsoptionen“ etwas, womit auch in Mitteldeutschland künftig häufiger zu rechnen ist.“

https://www.l-iz.de/bildung/forschung/2020/01/Am-14-und-15-Januar-beschaeftigt-sich-eine-Leipziger-Konferenz-wissenschaftlch-mit-den-Folgen-der-Duerre-311334
Jeremia – Quelle: Wikipedia

Dennoch spüren wir, dass sich unser Klima verändert. Natürlich gab es immer schon Perioden, wo das Wetter Kapriolen schlug. Es gab auch schon mehrere Dürren hintereinander. Davon berichten auch alte Chroniken und Aufzeichnungen, wie wir sie auch in unseren Pfarrarchiven finden. Doch diese Dürren und Wetterveränderungen waren nicht so von Dauer, wie sie heute sind. Aktuell hat ja besonders Australien mit der Hitze und den Waldbränden zu kämpfen.

Aber auch im alten Israel hatte man schon damals zur Zeit des Propheten Jeremia mit dem Wetter und seinen Auswirkungen zu kämpfen. Ein besonderes Problem war die Dürre in Palästina und sie ist es ja auch noch heute. Wenn der Regen ausbleibt, leiden Mensch und Natur. Das führte zur Hungersnot und den damit verbundenen Krankheiten.

Sicher waren die Menschen und die Kultur dort auf eine gewisse Trockenheit eingestellt, aber wenn der Regen ausbleibt, das konnte es kritisch werden. So wurde gerade dieses Bild von der großen Dürre auch zu einem Gerichtsbild für das Handeln Gottes gegenüber seinem oft untreuem Volk Israel.

Davon berichtet auch unser heutiger Predigttext aus Jeremia 14,1–9 (LU):

Jeremia 14,1–9 (LU)

1 Dies ist das Wort, das der HERR zu Jeremia sagte über die große Dürre:

2 Juda liegt jämmerlich da, seine Städte verschmachten. Sie sinken trauernd zu Boden, und Jerusalems Wehklage steigt empor.

3 Die Großen schicken ihre Diener nach Wasser; aber wenn sie zum Brunnen kommen, finden sie kein Wasser und bringen ihre Gefäße leer zurück. Sie sind traurig und betrübt und verhüllen ihre Häupter.

4 Die Erde ist rissig, weil es nicht regnet auf das Land. Darum sind die Ackerleute traurig und verhüllen ihre Häupter.

5 Selbst die Hirschkühe, die auf dem Felde werfen, verlassen die Jungen, weil kein Gras wächst.

6 Die Wildesel stehen auf den kahlen Höhen und schnappen nach Luft wie die Schakale; ihre Augen erlöschen, weil nichts Grünes wächst.

7 Ach, HERR, wenn unsre Sünden uns verklagen, so hilf doch um deines Namens willen! Denn unser Ungehorsam ist groß, womit wir wider dich gesündigt haben.

8 Du bist der Trost Israels und sein Nothelfer. Warum stellst du dich, als wärst du ein Fremdling im Lande und ein Wanderer, der nur über Nacht bleibt?

9 Warum bist du wie einer, der verzagt ist, und wie ein Held, der nicht helfen kann? Du bist ja doch unter uns, HERR, und wir heißen nach deinem Namen; verlass uns nicht!

Dieser Text lädt uns regelrecht ein, heute über Klimakatastrophe und Umweltverschmutzung, über Dürre und Friday für Future zu predigen. Aber damit würden wir an der Intention des Textes vorbei predigen.

Denn er nimmt das Bild der Dürre auf, um die Situation des Volkes Israel im Verhältnis zu seinem Gott zu beschreiben. Der erste Teil unseres Predigttextes ist sozusagen ein Gerichtsbild Gottes gegenüber seinem Volk. Man könnte es auch so ausdrücken: „Wenn ich euch als Volk ansehe, dann sieht es bei euch, wie bei einer großen Dürre aus. Wo ist denn euer Glaube? Wo ist denn euer Vertrauen auf Gott? Es ist nichts zu sehen. Es ist staubtrocken. Euer Verhältnis zu Gott ist abgestorben. Da ist kein Leben mehr da. Tot ist alles. Euer Verhältnis zu Gott ist so tot, dass jegliche Lebensquelle versiegt ist. Gott lässt sich für euch nicht mehr finden. Es ist ein Bild der totalen Hoffnungslosigkeit.“ So mahnt der Prophet das Volk.

Für die Israeliten ist das ja kein unbekanntes Bild. Aber das Bild der Dürre hier zeigt nicht nur eine gewisse Not auf, sondern es ist eine richtige nationale Not. Das heißt eine Not, die das ganze Volk betrifft. Die am Ende das Volk ja auch in die babylonische Gefangenschaft führen wird.

Und wie sieht es heute bei uns aus. Natürlich sind und bleiben die Klimaveränderungen auch für uns Christen ein Thema, mit dem wir ernsthaft umgehen müssen und wo wir auch in der Verantwortung vor Gott stehen.

Es ist ein hochgradiges Thema. So wie der Bibeltext beschreibt bewirken die Klimaveränderungen genauso wie die langanhaltende Dürre Veränderungen in der Verhaltensweise von Tieren. Denken nur einmal an den jetzt schon wieder einsetzenden Vogelzug, dass die Vögel schon wieder aus Afrika zurückkehren.

Aber wir stehen auch mit unserem Glauben und mit der Verkündigung des Evangeliums in unserer Gesellschaft in unseren Orten und in unseren Familien in der Verantwortung vor Gott. Ja für uns Christen hängen auch beide Verantwortungen zusammen.

In der vergangenen Woche habe ich gerade die Gemeindegliederstatistik unseres Kirchenkreises neu in eine Karte des Kirchenkreises eingetragen. Dabei musste ich feststellen, dass die Zahlen der Gemeindeglieder in den vergangenen drei Jahren um gut 10% gesunken sind.

Ihr Lieben, das ist auch eine Form von Dürre. Die Dürre, dass immer weniger Menschen glauben, dass immer weniger Menschen vom Evangelium angesprochen werden. Haben die Menschen um uns herum überhaupt noch Durst nach dem Wort Gottes und sind wir auch bereit es ihnen zu bringen? Oder leben wir lieber heute geistlich gesehen in einer großen Wüste, in einer großen Dürre? Nehmen wir überhaupt noch unsere Verantwortung wahr? Das gilt nicht nur für die Hauptamtlichen, sondern für alle Christen?

Nun diese geistliche Not im Volk Israel bringt den Propheten Jeremia zum Beten und zu Buße. Er sieht in der Dürre im Volk Israel auch das eigene Versagen: „Ach, HERR, wenn unsre Sünden uns verklagen, so hilf doch um deines Namens willen!“

Deswegen fleht er bei Gott um sein Erbarmen. Es klingt fast wie ein gemeinsames Klagelied der Menschen des Volkes Israel. Doch es ist eher so, dass Jeremia für sie, als dem Volk, Fürsprache bei Gott einlegt.

Jeremia meint: „Es kann sein, dass es an uns liegt, dass Gott uns wie ein Fremder vorkommt. Nicht weil er sich wie ein Fremder verhält und schnell wieder verschwindet, sondern weil wir uns von ihm entfremdet haben.“

Damit hat Jeremia wohl auch Recht: Dieses Eingeständnis, dass wir uns von Gott entfremdet haben, das ist notgedrungen. Denn unser Ungehorsam ist groß, womit wir wider dich gesündigt haben. Ja, wenn es an uns liegt, dass Du uns fremd geworden bist, weil wir uns getrennt haben von dir, weil wir Nichtiges zwischen Dich und uns gestellt haben, ja, wenn Du auch allen Grund hättest, Dich abzukehren von uns, so hilf doch – nicht weil wir bitten und betteln in unserer Not, unserer Armut, unserem brennenden Durst nach Dir, nein hilf doch um Deines Namens willen. Denn Dein Name, der ist ja: Ich bin da. Ich werde sein der ich sein werde. Ich erweise mich allezeit als der Lebendige und Mit-gehende. (2. Mose 3, 14) So erweise Dich jetzt als der Gegenwärtige und der Lebendige, lass die Quellen des Lebens wieder sprudeln.

So leidenschaftlich appelliert der Prophet Jeremia an Gott, nennt ihn bei seinen schönsten Namen. Er wirft ihm aber auch vor, warum Gott tut, warum er so schwach und ein hilfloser Helfer sei.

Und doch hat sich Gott gebunden. Er hat sich an sein Volk Israel gebunden und will ihr Trost und Nothelfer in allen Situationen sein:

Du bist ja doch unter uns … Ich kann an Gottes große Taten in der Vergangenheit glauben. Glauben kann ich an sein Mitgehen durch die Zeiten heuten. Hoffen kann ich, dass es vielleicht wieder einmal so wird, wie es war. Dass er sich auch in Zukunft wieder erweisen wird als der Lebendige, auch in unserem Land, auch in meinem Leben.

Das gilt auch für uns heute hier in unseren Dörfern und in unseren Gemeinden. Auf Grund der geringer werden Zahlen und Statistiken und auch wirklich kleiner werdenden Gemeinden könnten wir ja als Christen resignieren.

Doch auch wir dürfen zu Gott beten „Du bist ja unter uns …“ Und wir dürfen auch glauben und hoffen, dass Gott auch heute weiterwirkt. Das er wirkt durch unser Vermögen und unser Unvermögen, das er auch ohne uns wirkt. Dass er wirkt durch unseren Glauben und durch unsere Zweifel und manchmal auch durch unseren Unglauben.

Vor vier Tagen hatte der Pastor Martin Luther King Geburtstag. Wenige Tage bevor er im Alter von 39 Jahren erschossen wurde, predigte er folgende Worte: »Gott ist mächtig! Warum sich sorgen? Komme, was mag – Gott ist mächtig! Wenn unsere Tage dunkel sind und unsere Nächte finsterer als tausend Mitternächte, so wollen wir stets daran denken, dass es in der Welt eine große segnende Kraft gibt, die Gott heißt. Gott kann Wege aus der Ausweglosigkeit weisen. Er will das dunkle Gestern in ein helles Morgen verwandeln – zuletzt in den leuchtenden Morgen der Ewigkeit.«

Gottes Macht ist die Macht seiner helfenden und verwandelnden Liebe.

Manchmal ist unser Glaube ein Dennoch-Glaube, der gegen allen Augenschein glaubt und hofft. Und vielleicht entdecken wir dann erst im Rückblick, dass Gott da war. Ja das sollt er auch heute sein. Jeden Tag neu sollten wir uns die Worte des Propheten bewusst machen und beten: „Du bist ja doch unter uns, HERR, und wir heißen nach deinem Namen; verlass uns nicht!“

Amen.

Der Friede Gottes,
welcher höher ist als alle Vernunft,
bewahre eure Herzen und Sinne
in Christus Jesus.

Amen

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