Das Hauptaugenmerk in unserer Gemeindearbeit legen wir auf unsere Gemeindeglieder und Ehrenamtliche. Wir wollen, dass sie sich in der Gemeinde wohlfühlen. Sie sollen hier Geborgenheit und Heimat erfahren. Es soll für sie in der Gemeinde die Liebe Christi erfahrbar werden. Um die ehrenamtlichen Mitarbeiter in unseren Gemeinden kümmern wir uns in ganz besonderer Weise. Sie sind ja die, die vieles in der Gemeinde tun und bewegen. Ohne sie würde vieles nicht laufen. Das ist richtig, dass wir das tun. Dann bemühen wir uns als Gemeinde noch um Menschen, die außerhalb der Gemeinde sind. Wir wollen, dass sie durch uns etwas von dem Liebesangebot Gottes erfahren.
Doch dann gibt es eine Gruppe von Menschen, die wir in der Gemeinde brauchen und dennoch viel zu sehr vernachlässigen. Das sind die haupt- und nebenamtlichen Mitarbeiter in unseren Gemeinden.Viel zu oft erleben wir in der Gemeinde die Einstellung: „Die werden doch dafür bezahlt, darum müssen sie es doch machen.“ Es wird gar nicht danach gefragt ob die Leute sich in der Gemeinde wohlfühlen und ob sie ihre Arbeit gern tun. Es wird auch nicht nach den Bedingungen gefragt, in denen sie diese Arbeit tun.
Stephen R. Covey schreibt in seinem Buch „Die 7 Wege zur Effektivität“ zwar über Organisationen, die mit Kunden zu tun haben. Aber das, was er schreibt, trifft auch auf die Gemeinde im Umgang mit den Mitarbeitern zu. Er schreibt:
Es gibt Organisationen, in denen viel vom Kunden geredet wird und darüber diejenigen vernachlässigt werden, die mit dem Kunden zu tun haben – die Angestellten. Das PK-Gebot (Produktionskapazitäts-Gebot) heißt: Behandeln sie Ihre Angestellten immer genau so, wie diese Ihre besten Kunden behandeln sollen.
Man kann die Hand eines Menschen kaufen, aber nicht sein Herz. In seinem Herzen aber sitzen sein Enthusiasmus und seine Loyalität. Man kann seinen Rücken kaufen, aber nicht sein Gehirn. Dort sitzt seine Kreativität, sein Einfallsreichtum und seine geistige Beweglichkeit.
PK-Arbeit (Produktionskapazitäts-Arbeit) bedeutet, dass man Angestellte als Freiwillige behandelt, so wie man Kunden als Freiwillige behandelt, denn genau das sind sie. Sie geben freiwillig ihr bestes: Herz und Verstand.
Wir erwarten gerade in unsere Kirche und in unseren Gemeinden von unseren Mitarbeitern Höchstleistungen und viel Kreativität. Wir erwarten viel Engagement und dass sie nicht auf die Uhr schauen. Doch was bieten wir. Ich will es mal überspitzen: Überforderung und Verunsicherung.
Gegenwärtig laufen in vielen Landeskirchen, in den Gemeinden, aber auch in den Freikirchen Finanzdiskussionen und Strukturdebatten. Doch sie werden so geführt, dass die Mitarbeiter total verunsichert werden und um ihre berufliche und familiäre Zukunft bangen müssen. Dann werden bedingt durch diese ganzen strukturellen Veränderungen Arbeitsleistungen erwartet, die an die Grenzen des Machbaren gehen, ohne die Bedingungen zu ändern.
In den Gemeinden besteht oft die Mentalität, dass der hauptamtliche Mitarbeiter mehr oder weniger Dienstleister ist: „Du wirst dafür bezahlt – darum musst du es auch machen!“
Ich denke, es ist an der Zeit nicht nur aus dem Gebot der christlichen Nächstenliebe heraus, sondern sogar bedingt durch die Herausforderungen der Zeit, die vor uns als Gemeinde liegen, unseren Umgang mit unseren Mitarbeitern zu überdenken und zu ändern. Stephen R. Covey würde sagen, wir dürfen die Gans, die goldene Eier legt, nicht schlachten.