Die lokale Kirche als ein Cluster-Netzwerk.
In dem Buch „Gemeinde im Kontext: Neue Ausdrucksformen gemeindlichen Lebens “ (Hrsg. Christiane Moldenauer/ Georg Warnecke) geht Georg Warnecke in dem Artikel „Die Welt ein – Dorf“ der Struktur von Cluster nach. Konkretisiert ist diese Struktur am Beispiel der CityChurch Würzburg. Dies beschreibt Kerstin Kühnel in ihrem Artikel „Clusternentwicklung in der CityChurch – erste Prozesse auf einem langen Weg“ Dieser Artikel ist in dem Buch „Beziehungsweise leben: Inspirationen zum Leben und Handeln im Einklang mit Gott und Menschen “ (Hrsg. Daniel Ehniss & Björn Wagner) zu finden.
Kann das Modell der Cluster für die lokale Kirche ein Modell der Zukunft sein? Kann sich die Gemeinde der Zukunft so aufbauen? In diesem Blogbeitrag möchte ich an Hand dieser beiden Artikel und weiterer Quellen ein wenig darüber nachdenken.
Vielleicht müssen wir uns erst einmal fragen, was ist den überhaupt ein Cluster? Der Begriff taucht vorrangig in der Informatik und in der Wirtschaft auf. Er kommt aus dem Englischen und bedeutet: „‚Traube‘, ‚Bündel‘, ‚Schwarm‘, ‚Haufen’“ (Wikipedia). Um die Bedeutung von Cluster zu verstehen eignet sich vielleicht am Besten die Definition der Wirtschaft dazu: „Ein Cluster aus ökonomischer Sicht kann als Netzwerk von Produzenten, Zulieferern, Forschungseinrichtungen (z. B. Hochschulen), Dienstleistern (z. B. Design- und Ingenieurbüros), Handwerkern und verbundenen Institutionen (z. B. Handelskammern) mit einer gewissen regionalen Nähe zueinander definiert werden, die über gemeinsame Austauschbeziehungen entlang einer Wertschöpfungskette (z. B. Automobilproduktion) entstehen oder die sich aufgrund gemeinsamer günstiger Standortfaktoren regional ballen. Die Mitglieder stehen dabei über Liefer- oder Wettbewerbsbeziehungen oder gemeinsame Interessen miteinander in Beziehung. (Wikipedia)
Vielleicht könnte man den Cluster aus kirchlicher Sicht so definieren: Ein Cluster aus kirchlicher Sicht kann als ein Netzwerk von Zellgruppen, Hauskreisen, Bibelkreisen, Dienstgruppen, Gemeindekreisen, einzelnen Gemeindegliedern, institutionellen Arbeitskreisen und Gremien, die örtlich und regional begrenzt sind und eine gemeinsame Vision und gemeinsame Ziele haben, das Evangelium von Jesus Christus zu leben und als Kirche missional unter den Menschen vor Ort zu wirken.
Jeder Mensch von uns hat seine Netzwerke. Soziale Netzwerke sind ein wichtiger Bestandteil unseres Lebens. Wer keine hat, der verkümmert und vereinsamt! Darum gehört es zum Leben des Menschen dazu, dass man seine Kontakte organisiert, sich Menschen mit gleichen Interessen und gleicher Kultur sucht und mit ihnen diese Interessen teilt. Das natürlichste Netzwerk ist die Familie, in die man hineingeboren wird. Denn es heißt „Blut ist dicker als Wasser“.
Auch in den sozialen Netzwerken wie Twitter und Facebook kann man mit vielen „Freunden“ verbunden sein. Doch auch hier finden wir eine relativ schnell eine Strukturierung in Kultur und Interesse. So findet auch die aktive Kommunikation statt. In den sozialen Netzwerk gibt es ebenfalls Obergrenzen mit der Zahl der Menschen, mit denen man kommunizieren kann. Wenn jemand bei Twitter 1.000.000 Follower hat, ist er nicht mehr in der Lage mit denen zu kommunizieren. Die Kommunikation erfolgt nur noch einseitig. Selbst 1.000 Freunde bei Facebook sind nicht mehr überschaubar. Meistens findet dann die aktive Kommunikation mit etwa 20 bis 50 Leuten statt.
Im realen Leben kann jeder Mensch vielleicht 1000 bis 2000 Namen anderer Menschen kennen. Vielleicht noch ein paar mehr. (Wobei die sozialen Netze heute Teil des realen Lebens sind.) Interessen und Gemeinsamkeiten teilt man mit 100 bis 200 Leuten. Eine wirkliche intensive Verbindung kann man mit 10 bis 30 Leuten pflegen. Diese Zahlen sind jetzt nicht wissenschaftlich begründet, sondern beruhen auf meinen eigenen Erfahrungswerten. Dennoch wird deutlich auch in unserem realen Leben sind unserer Netzwerke begrenzt, aber sie reichen aus für unser Leben.
Wenn wir davon sprechen, dass jemand nur eine wirklich intensive Verbindung mit etwa 10 bis 30 Leuten pflegen kann, zeigt sich, wie wichtig Zellgruppen, wie wichtig Hauskreise, Bibelkreise oder ähnliches in einer Netzwerk(Cluster)-Kirche sind. Hier kann der einzelne Mensch, der Christ und auch der Nochnicht-Christ Heimat finden. Denn genau Heimat braucht jeder Mensch gerade in unserer globalen und so mobilen und sich ständig verändernden Welt. Darum suchen die Menschen die lokale Kirche mit ihrer überschaubaren Größe. Sie suchen das Kleine als einen Ort der Geborgenheit. Das können eben nicht große Kirchengemeinden, Regional-Gruppen oder Kirchenkreise an sich bieten. Sie brauchen die Struktur des Kleinen – des Cluster.
Als in unserem Kirchenkreis diskutiert wurde, auf Grund sinkender Mitgliederzahlen durch Überalterung in den Kirchenchören, diese zu Regionalchören zusammenzuschließen, wurde das vehement abgelehnt. Ein wichtiger Grund war der Kirchenchor als Ort der Heimat und der Geborgenheit. Für gemeinsame Projekte mit andern Kirchenchören war man dennoch offen, aber der eigene Chor musste bleiben.
Die überschaubare Größe mit den gemeinsamen Interessen und der gleichen Kultur als Ort der Heimat ist grundlegend dafür, dass der Mensch, als Christ und Nochnicht-Christ sich hinein genommen fühlt und gerade die Geborgenheit des Glaubens erfährt. Es wird deutlich, dass Regionalisierung die Menschen zur Entfremdung führt. Sie müssen ihr Gefühl von Heimat und Identität preisgeben. Gerade im kommunalen Bereich ist das ja in den letzten Jahren sehr oft geschehen, wogegen sich die Menschen immer mehr und immer vehementer wehren. Doch auch als Kirche haben wir in den letzten Jahren aus verschiedenen Gründen, meist finanzielle, immer mehr regionalisiert und Gemeinde und Pfarrbezirke zusammengeschlossen. Jjetzt müssen wir umdenken. Sicher bleiben die finanziellen Sparzwänge. Aber dürfen wir uns von ihnen, weiter unsere Strukturen bestimmen lassen? Müssen es nicht dennoch geistliche und nicht finanzielle Gründe sein, die unsere Strukturen bestimmen, wie eben das missionale Senden der Gemeinde zu den Menschen und das Beheimaten der Menschen in der Gemeinde. Dabei ist die Gemeinde gefordert. Sie muss sich verändern lassen, damit sie andere Menschen integrieren kann. Die Kirche der Zukunft wird eine Kirche sein, die auf der Grundlage des Evangeliums sich den Erwartungen und Bedürfnissen der Menschen anpasst. Sie wird keine Kirche sein, die wartet, dass die Menschen zu ihr kommt, sondern sie ist gefordert zu den Menschen zu gehen. Die Struktur der Kirche der Zukunft muss sich verändern. Sie darf sich aber nicht so verändern, dass die Kirche als Heimatort und ihre Identität verloren gehen. Der Mensch in der Kirche muss wissen: Ich gehöre dazu; ich bin Teil von ihr und mein Beitrag in ihr ist wichtig.
Georg Warnecke beschreibt ins seinem Artikel die Kirche als eine Dorfgemeinschaft. Er vergleicht die lokale Kirche mit den sozialen Beziehungen und geteilten Strukturen, mit den Normen, Lebensregeln und Verantwortungen, die es in einem Dorf gibt. Sicher gilt das nicht so für jedes Dorf in unserer Zeit. Aber ich habe schon solche dörfliche Strukturen auch am Beginn des 21. Jahrhunderts erlebt. Dieses so vernetzte Miteinander in einem Dorf hat sicher viel gutes, aber auch negatives. Auf jeden Fall wer nicht seine Rolle findet und nicht mitspielt, wird ausgegrenzt. Das habe ich schon erlebt.
In einem Dorf finden wir die Familie als kleinste soziale Einheit, was in der Kirchengemeinde dann die Zellgruppen wären, wie Hauskreise und Bibelkreise. Wenn wir die herkömmliche kirchliche Arbeit mit sehen, dann vielleicht auch unsere anderen kirchlichen Gruppen und Kreise. Wobei wir uns fragen müssen, wenn wir von der obigen Definition ausgehen: Wie missional sind die Kreise? Wie stark wirken sie ins nichtgemeindliche Umfeld?
Die Familien im Dorf sind dann in Clans zusammen. Manche sind recht groß, wenn viele Familienangehörige im Dorf wohnen. Andere sind klein, wenn nur wenige Angehörige im Dorf wohnen. Die Familien in den Clans kümmern sich umeinander und sind für einander da. Manchmal haben sie bestimmte Aufgaben für die Dorfgemeinschaft. In eine Kirchengemeinde könnten wir jetzt statt von Clans von Cluster sprechen.
Wie hatten wir diese definiert:
Ein Cluster aus kirchlicher Sicht kann als ein Netzwerk von Zellgruppen, Hauskreisen, Bibelkreisen, Dienstgruppen, Gemeindekreisen, einzelnen Gemeindegliedern, institutionellen Arbeitskreisen und Gremien, die örtlich und regional begrenzt sind und eine gemeinsame Vision und gemeinsame Ziele haben, das Evangelium von Jesus Christus zu leben und als Kirche missional unter den Menschen vor Ort zu wirken.
Die Clans in einer Dorfgemeinschaft liegen ja durch die familiäre Bindung oft seit Jahrhunderten fest. Bei den Cluster in der Gemeinde bzw. lokalen Kirche muss das nicht sein. Hier ist es wichtig, dass Gruppen und Kreise in der Gemeinde erst einmal eine gleiche Vision und gleiche Ziele teilen. Welche Aufgaben kann man gemeinsam angehen? Was ist uns gemeinsam zum Bau des Reiches Gottes wichtig? Was können wir für die Menschen in unserem nichtkirchlichen Umfeld tun? Hier werden selbst gesuchte Aufgaben verwirklicht!
Um beim herkömmlichen Bild meiner Gemeinde zu bleiben, solche Cluster könnten in meinem Fall die Landeskirchliche Gemeinschaft, der EC und die Kirchenmusik sein, nur müssten diese noch missional arbeiten. Ein weiteres Cluster wäre vielleicht die Kinderarbeit. Dann gibt es Zellen, die sich vorläufig keinem Cluster zuordnen lassen oder wo es noch kein Cluster gibt.
Entwickelt wurde dieses Modell der Clusterkirche in den 90 iger Jahren in der St. Thomas Philadelphia Kirche Sheffield von Bob Hopkins und Mike Breen. Dazu an anderer Stelle.
Das Wichtigste bei allen Modellen, wie auch bei diesem, ist die Frage der Kommunikation, die Frage des Sprachfähigkeit: wie reden wir miteinander? Jedes Modell ist nur so gut, wie es zur Kommunikation und zu Sprachfähigkeit der Menschen in der Kirche beiträgt. Cluster funktionieren nur, wenn die Zellgruppen miteinander kommunizieren und wenn auch zwischen den Cluster Kommunikation besteht.
Die Netzwerk(Cluster)-Kirche http://t.co/FFqWnwhVeG