Als ich zur Papstwahl 2005 in Rom war, wurden beim Konklave viele Heilige angerufen, dass diese bei Gott für die Kardinäle bitten sollen. Sind diese Heilige, das was hier mit der Gemeinde der Heiligen bezeichnet sind?
Nein, nach dem Neuen Testament sind die Gemeinde der Heiligen die Christen und Christinnen, die ihr Leben unter Gottes Führung gestellt haben. Heilige ist hier nicht im moralischen Sinn zu verstehen. Sie sind heilig nicht durch ihr Handeln und Tun, sondern weil Gott sie geheiligt hat. Ob alle, die in der Kirche wirken oder mit ihr etwas zu tun haben, Heilige sind, ist sicher zu bezweifeln. Doch wer will die Spreu vom Weizen trennen. Das kann nur Gott.
Aber eins ist klar: „Eine Gemeinde, in der keine ‚Heilige‘ leben, gerät an die Grenzen zum Abfall.“ (Josuttis, S.25)
Hat die Kirche die ‚Gemeinde der Heiligen‘ nötig? Oder kann sie gut auch ohne diese leben? Nun auch ist zu überlegen, wie die Volkskirche heute noch diesen alten Selbstbegriff der Christenheit aufgreift. Dabei ist es aber schwierig allgemeingültige Verlautbarungen zu finden:
„Wer nach dem Selbstverständnis der Evangelischen Kirche in Deutschland fragt, gerät in Schwierigkeiten. Hier gibt es kein Lehramt und deshalb auch keine offiziellen Verlautbarungen, die Anspruch auf Allgemeingültigkeit erheben.“ (Josuttis, S.25)
Eigentliche Grundlage der Evangelische Kirche in Deutschland ist die Heilige Schrift und die Bekenntnisse der Reformation bestenfalls noch die Barmer Theologische Erklärung. Aber neuzeitliche Erklärungen, die allgemeingültig sind, finden wir kaum.
Das öffnet Tor und Tür für ein Allerweltschristentum und führt die Kirche weg von der >>Gemeinde der Heiligen<<. Nicht dass es ein strenges päpstliches Regiment geben sollte, aber ab und an sollte es schon eine Art Konzil mit verbindlichen Erklärungen geben.
Ein erster Versuch war vielleicht 1999 die EKD-Synode zum Thema Mission. Dabei wurde verbindlich die Aufgabe der Mission in unseren „Volkskirchen“ festgeschrieben. Aber leider ist im Nachhinein der Begriff so aufgeweicht worden, dass alles was Kirche tut Mission ist. Sogar die Arbeit der Diakonie wird als Mission verstanden.
„Aber vielleicht ist das Evangelium, das Paulus eine Gotteskraft nennt (Römer 1,16), doch mehr als ein Normenkatalog überlieferter Christlichkeit. Vielleicht kann die ‚Gemeinde der Heiligen‘ sich angemessen nur organisieren, wenn sie den ‚Leib Christi‘ nicht metaphorisch versteht, sondern als tragende und nährende Wirklichkeit ihres Daseins ernst nimmt. Und vielleicht wartet auch das neuzeitliche Subjekt bei aller verständlicher Distanz gegenüber den Institutionen auf die Begegnung mit einer Macht, die Menschen dem Teufelskreis der Dauerreflektion und Selbstlegitimation entzieht und ihnen nicht nur die Idee einer Freiheit vermittelt.“ (Josuttis, S.31)
Kirche heute muss, wenn sie ‚Gemeinde der Heiligen‘ sein will, auch erst einmal aus ihrer eigenen Selbstreflektion heraus. Immer wieder dreht es sich dabei nur um Einsparung von Geld und Pfarr- und Mitarbeiterstellen. Man hat den Eindruck, dass Kirche nur noch ein Sparclub ist und immer mehr sich auf den Rückzug begibt. Da nützen auch sogenannte Wiedereintrittsaktionen nichts. Sie schaden eher. Denn es werden falsche Erwartungen an die Kirche geschaffen.
Kirche muss sich auf das Evangelium zurückbesinnen und aus der Kraft des Evangeliums leben. Sie muss den Menschen in Deutschland neue Hoffnung und neuen Sinn bringen. Wenn die Kirche aus der Kraft des Evangeliums lebt, dann klappt es auch mit dem Geld mit den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen und den Pfarrer und Pfarrerinnen. Sie braucht dann sogar noch neue Stellen. Dann muss sie sich nicht immer selbst legitmieren.
Literatur: Manfred Josuttis „Unsere Volkskirche und die Gemeinde der Heiligen“ – Erinnerungen an die Zukunft der Kirche Chr. Kaiser Gütersloher Verlagshaus ISBN 3-579-02083-8