Gerade im Osten Deutschland hat das Dorf im ländlichen Raum einen gravierenden Umbruch erlebt. Dieser wurde ausgelöst durch den Zusammenbruch der landwirtschaftlichen Struktur und durch den demoskopischen Wandel. Dazu kommt noch der gravierende Wegzug vieler junger Leute. Mehrheitlich erfolgte ein regelrechtes Ausbluten des Dorfes. Natürlich ist dies eine Verallgemeinerung, denn das geschah von Dorf zu Dorf, von Region zu Region in recht unterschiedlicher Weise und Stärke.
In der Nähe von wirtschaftlichen Ballungsorten wurde das Dorf auch als stadtnahes Wohngebiet entdeckt. Bei größeren Dörfer mit einer schon länger gemischten Infrastruktur ist der Umbruch noch nicht so stark spürbar. Doch gerade kleinere Dörfer, die von der Landwirtschaft geprägt waren, die abseits von Verkehrsknotenpunkten und wirtschaftlicher Infrastruktur liegen, spürt man den Wandel des ländlichen Raumes auf Schritt und Tritt.
Gehen Sie einmal durch solche Dörfer. Da wo vor 30 Jahren der Traktor tuckerte, die Kuh blökte, ist fast Totenruhe. Der Kuhstall und der Schweinestall, wo früher 50 Tiere drin waren, verkommen. Sie gehen durch das Dorf und es kann passieren, dass ihnen kein Mensch begegnet. Und wenn ihnen dann da jemand begegnet, dann meistens jemand im Alter 70+.
Die arbeitende Generation ist ja unterwegs. Sie hat oft weite Wegstrecken und sehr oft schlechte Wege. Kein Wunder, dass da wenige nur bleiben! Kein Wunder, wenn da nur wenige Zeit ist für das Gesellschaftliche und noch weniger für die Kirche! Oder doch – die Kirche – wenigstens als Gebäude – die Kirche im Dorf lassen. Dennoch Ansprechmöglichkeit zum Glauben!
Und wenn wir nach vorn schauen: In der nächsten Generation werden es noch weniger sein! Schule – Studium – Stadt oder Welt.
Sich gilt auch hier erst einmal das Wort, welches man Martin Luther in den Mund legt: „Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.“ Es ist ja auch ganz in Sinne der jesajaschen Prophetie (Jesaja 11), bei der ein neuer Zweig aus einem Baumstumpf sprießt.
Für manches Dorf brauchen wir dennoch eine Trauerkultur, von dem wir uns verabschieden müssen. Das ist ja nicht das erste Mal, dass Dörfer aufgegeben werden. Schon in der alten germanischen und deutschen Geschichte gab es das. In manchen Landstrichen erinnern dann die Namen von Landschaftsgebieten noch an die Dörfer.
Kirche auf dem Lande hat im Umgang mit dem Dorf ein Zweifaches zu tun,
- den Menschen auf dem Dorf die frohmachende Botschaft des Herren Jesus Christus in ihre Lebensbezüge im ländlichen Raum zu bringen.
- mit den Menschen die Zukunft des ländlichen Raumes zu gestalten, als etwas, was ein Morgen hat, oder auch als etwas, von dem wir Abschied nehmen müssen.