Einleitung über das Sprichwort der kleinen Sünden
Ihr Lieben,
ihr alle habt sicher schon einmal die Redewendung oder das Sprichwort gehört: “Die kleinen Sünden bestraft der liebe Gott sofort”.
Nun sagt man meistens diesen Satz, wenn jemanden ein dummes Missgeschick passiert ist. Damit sagt man, wenn man vermutet, dass hinter diesem Missgeschick eine böse Absicht steckt. Da ist einfach etwas schiefgelaufen. Aber ist das wirklich so.
Die Schriftstellerin Christa Schybol sagt über diese Redewendung folgendes: “Manchmal könnte ich eine Sauwut bekommen. Da begehe ich einen kleinen Achtsamkeitsfehler beim Autofahren, im Beruf oder sonst wo und schon ereilt mich ein Strafgericht von irgendeiner Seite, das in keinem Verhältnis zu meinem kleinen Vergehen steht.”
Also ist diese Redewendung eigentlich totaler Blödsinn. Dennoch gibt es in der Bibel Abschnitte, die vom Strafgericht oder vom Zorn Gottes sprechen. Es gibt sie im Alten Testament, wo wir sie normalerweise verorten würden, aber es gibt sie auch im Neuen Testament. Auch der Abschnitt, über den wir heute miteinander nachdenken wollen, spricht vom Zorn Gottes. Aber hier ist der Zorn Gottes nicht der Schwerpunkt. Dennoch ist es wichtig den Zorn Gottes im Blick zu behalten.
Textlesung
Wir lesen aus Jesaja, Kapitel 12 die Verse 1 bis 6. Ich bleibe bei der Lutherübersetzung, weil der Text hier am klangvollsten ist:
Jesaja 12,1–6 LU
1 Zu der Zeit wirst du sagen: Ich danke dir, Herr! Du bist zornig gewesen über mich. Möge dein Zorn sich abkehren, dass du mich tröstest.
2 Siehe, Gott ist mein Heil, ich bin sicher und fürchte mich nicht; denn Gott der Herr ist meine Stärke und mein Psalm und ist mein Heil.
3 Ihr werdet mit Freuden Wasser schöpfen aus den Brunnen des Heils.
4 Und ihr werdet sagen zu der Zeit: Danket dem Herrn, rufet an seinen Namen! Machet kund unter den Völkern sein Tun, verkündiget, wie sein Name so hoch ist!
5 Lobsinget dem Herrn, denn er hat sich herrlich bewiesen. Solches sei kund in allen Landen!
6 Jauchze und rühme, die du wohnst auf Zion; denn der Heilige Israels ist groß bei dir!
Israel macht die Erfahrung: Gott ist zornig – Was bedeutet das?
Bleiben wir also erst einmal beim Zorn Gottes. Das Volk Israel musste die Erfahrung machen, dass Gott zornig sein kann und ihm als Volk auch gegenüber zornig ist bzw. war. Er war zornig auf das Volk, wei das Volk fortdauernd Gott misstraute und ihm gegenüber Ungehorsam war. Das ging ja nun schon über Jahrhunderte hindurch. Schon zu Zeiten von Mose und Aaron vertraute es nicht auf Gott. Angefangen vom Murren in der Wüste beim Auszug aus Ägypten, wegen des angeblichen Mangel von Nahrung. Dem Tanz um das Goldene Kalb, weil Mose kurzeitig ausblieb.
Auch zu Davids und Salomos Zeiten gab es Probleme mit dem Vertrauen auf Gott und sein Handeln. Dann erst recht mit den nachfolgenden Königen. So auch jetzt zur Zeit des Propheten Jesaja, bei den aktuellen Königen Ahas und selbst beim frommen Hiskia. Da vertraute Israel und Juda und allen voran ihre Könige vielmehr den Großreichen der Assyrer und Ägypter als ihrem eigenen Gott. Auch Hiskia, der ja in der Bibel eigentlich als fromm bezeichnet wird. Die Folge war dann, dass das Nordreich Israel im Völkermeer der Assyrer unterging und nur noch das Südreich mit Juda und Benjamin übrigblieb. Aber auch sie erfuhren dann später wegen ihres Nichtglauben die Wegführung in die babylonische Gefangenschaft.
Man muss natürlich sehen, dass das Volk Gottes eigentlich dadurch doppelt unter dem Zorn Gottes litt, weil es zusätzlich als Volk selbst dann, wenn es nicht Gott vertraute, durch die Ablehnung seiner Umwelt einer feindseligen Welt ausgesetzt ist. Im Prinzip gilt das ja bis heute.
Das haben wir ja bei dem Versuch des palästinensischen Ministerpräsidenten gesehen unseren Bundeskanzler zu überrumpeln, als er in Berlin bei einer gemeinsamen Presseerklärung Israel „Holocaust“ vorgeworfen hat. Oder letztens bei der Vollversammlung des ÖRK wollten einige Kirchen Israel als Apartheid-Staat verurteilen.
So erfuhr Israel damals nun einerseits den Zorn Gottes, weil es Gott ablehnte, und andererseits erfährt es nach wie vor Ablehnung in der Welt.
Gott hat seinen Zorn abgewendet.
Nun kommt das Volk und vielleicht allen voran hier der Prophet mit der Bitte zu Gott, dass Gott seinen Zorn abwendet. Die Frage ist jetzt: Hat sich denn Gottes Zorn von allein gelegt? Oder geschieht es auf Grund der Fürbitte des Propheten oder der Bitte des Volkes? Das lässt sich hier in unserem Text nicht ganz klären.
Mein Bruder, der heute auch über den Text predigt, und ich haben zu dem Text einem jüdischen Rabbiner befragt. Wichtig ist zu wissen, dass wir diesem Text als eine Vision auf das Kommen des Messias sehen sollen. Am Anfang steht ja “Zu der Zeit wirst du sagen:” Für uns als Christen ist es also ein Hinweis auf den Tag der Wiederkunft von Jesus Christus.
Der Rabbiner legt es so aus: “Das ist der Hinweis auf die Erlösung. In dieser Zeit werden alle Leiden der Vergangenheit angehören. Vielleicht wird uns Menschen sogar klar, weshalb es Leiden auf dieser Welt gegeben hat. Daher die Worte „ich danke dir, Herr, du bist zornig gewesen über mich.“ Ich danke dir – für das Wissen. Du bist zornig gewesen – aber das ist nun vorbei und ich verstehe, dass es alles so sein musste, wie es eben gewesen ist.”
Für viele Menschen ist die Frage nach dem Zorn Gottes in unserer Zeit ein schwieriges Thema. Auch für viele Christen. Wer redet denn gern von einem zornigen Gott? Daher ist man schnell bei Jesus Christus und bei der Vergebung durch das Kreuz auf Golgatha. Aber ist das wirklich so gut? Ist man da nicht zu schnell dabei? Vielleicht ist das sogar billige Gnade!
Der Theologe und Märtyrer Dietrich Bonhoeffer sagt dazu:
Billige Gnade heißt Gnade als Schleuderware, verschleuderte Vergebung, verschleuderter Trost, verschleudertes Sakrament.
Sprechen wir überhaupt eigentlich noch davon, dass vor der Gnadenerfahrung die Sündenerkenntnis und das Sündenbekenntnis stehen muss. Wenn ja, dann müssen wir auch erkennen, worüber Gott zornig ist.
Wie beginnt dieser Text: “ Ich danke dir, HERR! Du bist zornig gewesen über mich.“ (Jesaja 12,1a) Gott für seinen Zorn danken. – Vielleicht weil wir erkennen, dass wir auf falschen Wegen sind?
Im hebräischen bedeutet das Wort zornig auch für jemanden oder etwas Antipathie oder Abneigung empfinden. Kannst Du dir vorstellen, dass Gott etwas bei dir als Abneigung empfindet? Vielleicht vor den falschen Wegen auf denen Du dich befindest?
Dennoch stellt mancher die Frage: Darf man heute noch von Gott als einen zornigen Gott reden? Aber andererseits, wenn Gott nicht zornig wäre, hieße das nicht, dass ihm seine Welt und wir Menschen egal wären? Wie also ist die biblische Rede von Gottes Zorn zu verstehen, und wie reden wir angemessen davon?
Der Apostel Paulus schreibt dazu in Römer 1,18-19
Römer 1,18–19 (LU)
18 Denn Gottes Zorn wird vom Himmel her offenbart über alles gottlose Leben und alle Ungerechtigkeit der Menschen, die die Wahrheit durch Ungerechtigkeit niederhalten.
19 Denn was man von Gott erkennen kann, ist unter ihnen offenbar; denn Gott hat es ihnen offenbart.
Und welche Konsequenzen hat das für uns heute?
Der englische Erweckungsprediger Charles Haddon Spurgeon schreibt:
Du musst ein Bewusstsein des furchtbaren Zornes Gottes und den Schrecken des zukünftigen Gerichts haben; sonst wird es dir an heiliger Energie in deiner Arbeit fehlen und damit an einer der wesentlichsten Voraussetzungen des Fruchtbringens.
Charles Haddon Spurgeon
Zorn wandelt sich in Trost. Da heraus wächst Freude
Doch Gottes Zorn ist nicht endgültig und ewig. Das wird gerade hier in diesem Text besonders deutlich. Auch das konnte Israel durch die Jahrhunderte immer wieder erfahren. Der Zorn Gottes wandelt sich in Trost und Erbarmen. Er wandelt sich in die Gnade Gottes. Das ist die Erfahrung, die das Volk auch immer wieder gemacht hat, und die sich dann am Tag des Messias und für uns am Tag der Wiederkunft von Jesus Christus vollenden wird.
Gott schafft durch seine Vergebung, durch sein Heilshandeln, durch sein Trösten, durch sein Kümmern und sein Sorgen ein neues Vertrauen zwischen ihm und seinem Volk. Das gilt gestern heute und morgen.
So entsteht wenigstens temporär oder wenn man die messianische Vollendung im Blick hat, dann auch endgültig ein festes und starkes Gottvertrauen. Es wird gestärkt durch die offenbarten Wahrheiten Gottes. Dieses Vertrauen drückt sich heute in einem Leben nach dem Willen Gottes aus:
Jesaja 12,2 LU
2 Siehe, Gott ist mein Heil, ich bin sicher und fürchte mich nicht; denn Gott der Herr ist meine Stärke und mein Psalm und ist mein Heil.
Der schwäbische Theologe Johann Albrecht Bengel sagt dazu:
Wer einmal einen rechten Anfang gemacht hat, der kommt dem Heil immer näher, oder das Heil vielmehr kommt ihm näher. Er darf nur warten.
Johann Albrecht Bengel
Führt zum Lobpreis – Wasser schöpfen am Brunnen des Heils
Diese Heilserfahrung kann eigentlich nur noch eines zur Folge haben. Es mündet im Lobpreis und im Dank. Gott mit allen Dingen und zu allen Zeiten die Ehre geben und ihn loben. Wie sagt es der Psalmdichter: mit Saiten und mit Harfenspiel, heute würde man vielleicht sagen mit Soundcomputer und e-Gitarre. Also keinen Tanz um ein Goldenes Kalb, das ein widergöttlicher Götze ist, sondern dem Gott allein die Ehre geben, der der Schöpfer des Himmels und der Erde ist. Dem Gott, dessen Zorn sich in Trost und Erbarmen wendet, der Sünde und Schuld vergibt und der selbst gegenwärtig als der Messias und der Heilige Israels ist.
Im Lobpreis wird von den großen Taten Gottes erzählt. Dazu ermutigt der Prophet Jesaja damals die Menschen des Volkes Israels, aber auch wir heute werden dazu ermutigt. Auch wir werden heute zum Lobpreis ermutigt. Lobpreis ist eben nicht nur dazu da, Gott die Ehre zu geben, sondern es stärkt auch unseren Glauben.
Am vergangenen Sonntag waren Tamara und ich, nach unserem Gottesdienst bei uns in unserer Kirche in Kriebitzsch noch auf dem Schönblick bei Schwäbisch Gmünd zum Abschlussgottesdienst des worship generations – Des Lobpreiskongresses. Natürlich nur virtuell. YouTube macht es möglich. Dennoch war es schön, 2 Stunden Lobpreis zu erleben. Wir haben erlebt, wie das uns im Glauben aufbaut und stärkt, wenn man von Gottes Größe und Herrlichkeit singt und damit Gott lobt.
Israel macht das ganz besonders an einem Tag im Jahr. Am letzten Tag des Sukkoth – des Laubhüttenfestes – da wurde Wasser aus der Gihonquelle vor der östlichen Stadtmauer geschöpft und in einer Prozession zum Tempel gebracht.
Darauf spielt der dritte Vers unseres Predigttextes an, wenn er sagt: “Ihr werdet mit Freuden Wasser schöpfen aus den Brunnen des Heils.” Damit wird deutlich, dass eben der Gott, dessen Zorn sich gewendet hat, jetzt zur Quelle des Lebens wird. Durch Lobpreis erfahren wir für den Glauben neue Kraft und Energie gerade auch im Alltag.
Hanna Hümmer schreibt dazu:
Der Lobpreis zu Gott ist große Freude, die alles durchgreift in unserem Leben. In der Begegnung mit Gott fängt unsere Seele zu singen an.
Hanna Hümmer
Nun es müssen heute nicht immer irgendwelche Kongresse oder Konzerte sein oder große Worship-Gottesdienste. Manchmal reicht dazu ein kleiner Gemeindegottesdienst, eine CD, ein Streaming-Dienst oder ein paar Lieder auf YouTube. Natürlich ist es schön, wenn man die Lobpreislieder gemeinsam singt. Das kann man ja auch im Hauskreis machen.
Verkündigung unter den Völkern – Gott unter den Völkern bekannt machen
Eins sollte man beim Lobpreis nicht vergessen. Lobpreis hat auf jeden Fall eine missionarische Komponente: “Machet kund unter den Völkern sein Tun, verkündiget, wie sein Name so hoch ist! “(Jes 12,4)
Der Name Gottes wird im Lobpreis proklamiert. Er wird ausgerufen. Jeder soll ihn hören. Also Lobpreis ist nicht dazu da, dass man ihn in einem Kämmerchen macht, sondern er gehört in die Öffentlichkeit. Die Nachbarschaft sollte es ruhig hören.
Ich war eine Zeitlang Pfarrer im Greizer Raum. Da gab es eine Gemeinde, dort hat man zu Lobpreismusik sogenannten Flaggentanz gemacht. Eigentlich eine gute Sache. Leider gab es große Spannungen in der Gemeinde, weil das von dieser Gruppe übertrieben wurde. Und da ist in der Gemeinde vieles kaputt gegangen. Das ist dann nicht der Sinn der Sache. Aber dennoch auch Lobpreis mit Tanz auszudrücken, kann sinnvoll sein. Auch den König David tanzte vor der Bundeslade. Aber es muss eben alles sein Maß haben und in der Situation passen.
Gerade in unserer Zeit werden heute viele Menschen über die Musik angesprochen, weil Musik ein guter Träger von Texten und Worten ist, die die gute Botschaft von Jesus Christus weitergeben.
Denkt nur einmal daran, wie viele Menschen im vergangenen Jahr von dem Lied “Real Life” der Gruppe Obros angesprochen wurden, das sie zur Beerdigung von Philipp Mickenbecker geschrieben und gesungen haben.
In unserer medialen Zeit ist ja die Musik meistens mit Bildern verbunden, die die Inhalte noch verstärken können.
Das kann negativ und positiv geschehen. Darum ist es gerade unsere Aufgabe, dass wir dort, wo wir leben, es positiv wirken lassen und mit Lobpreis missionarisch verbinden. Ein Lied der Freude – der Freude über Gott hebt das Herz und stärkt den Glauben.
Und die holländische Evangelistin Corrie ten Boom schreibt folgendes:
Gott will, dass wir ihn loben, wie unsere Umstände auch sein mögen. Das erinnert mich an einen berühmten Dirigenten. Bei einer Orchesterprobe mit Hunderten von Musikern, Instrumenten und einem gewaltig großen Chor, der von einer Orgel begleitet wurde, bei der alle Register gezogen waren, spielte ein Mann das Pikkolo. Er saß auf einem Plätzchen ganz hinten und dachte bei sich selbst: „Auf mich kommt es eigentlich gar nicht an“, und hörte auf zu spielen. Plötzlich klopfte der Dirigent ab. Totenstille. „Wo ist das Pikkolo?“, rief er. Mit seinem scharfen Gehör hatte er die entsprechenden Töne vermisst.
Jeder von uns ist also wichtig im Chor derer, die Gott mit Lobpreis ehren und so seine Gute Nachricht verkünden, auch der oder die, die meinen, dass sie nicht singen können. Es ist wichtig, dass wir Gott die Ehre geben. Es ist für uns wichtig, weil es unseren Glauben stärkt und uns Mut macht im Alltag zu Leben als fröhliche und lebendige Christen und mit Wort und Tat von Jesus Christus Zeugnis geben.
Amen.