Hape Kerkeling kommt auf seinem Pilgerweg nach Carrion del los Condes in das ehemalige Benediktinerkloster Real Monasterio San Zoilo. Dort wandeld er im Kreuzgang und hat dabei Gedanken, die mich faszinieren:
Später gehe ich etwas benebelt auf die andere Seite des Kreuzganges und setze mich wieder auf eine Bank. Diesmal in die Sonne. Ich blicke auf die Säule vor mir. Dort ist ein Neugeborenes in den Stein gehauen. Sterben, um neu geboren zu werden, kommt mir natürlich sofort in den Sinn. Durch die Nacht auf den Morgen zugehen. Die wesentlichen Merkmale des Lebens sind Geburt und Tod. Sie wechseln sich unentwegt ab und machen das eigentliche Leben aus.
Aufstehen – Schlafengehen, Arbeitsbeginn – Arbeitsschluss, Ausbildungsbeginn – Rentenbeginn. Alles beginnt und hört wieder auf, obwohl es immer Jetzt ist und eigentlich alles in einem einzigen gigantischen Moment passiert.
Vom Kreuzgang begebe ich mich in die Kathedrale. Dort bin ich alleine und beobachte, wie eine Taube auf den Altar zufliegt. Direkt darüber hängt das riesige Kruzifix und zum ersten Mal nehme ich bewusst war, dass der Gekreuzigte eindeutig in eine Richtung schaut. Von uns aus gesehen. schaut Jesus Christus auf den meisten Darstellungen nach links. Nach Westen. Dem Sonnenuntergang, der Nacht dem Tod entgegen.
Aber aus seiner Sicht schaut er nach rechts, nach Osten. Dem Sonnenaufgang entgegen. Das, was uns wie ein düsteres Ende erscheint,ist für ihn in Wahrheit der strahlende Anfang. Und ganz zweifelsfrei kann nur seine Wahrnehmung als die richtige angesehen werden. Unsere ist die falsche Sichtweise. Vollends zu begreifen ist das für einen Menschen sicher nicht.
Ich finde es toll, was da Hape schreibt. Und ehrlich schon für diese Erkenntnis hat sich der Pilgerweg für ihn gelohnt. Nun ich werde diesen Text Silvester 2007 als Einstieg für meine Predigt nehmen und ihn dem Predigttext aus Hebräer 13,8-9b entgegensetzen: Jesus Christus, gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit. Lasst euch nicht durch mancherlei und fremde Lehren umtreiben, denn es ist ein köstlich Ding, dass das Herz fest werde, welches geschieht durch Gnade.
Dazu fällt mir gleich noch Prediger 3,1-15 ein oder das Adventslied von Jochen Kleppe „Die Nacht ist vorgedrungen“. Vielleicht sollte ich doch auch einmal pilgern gehen?