Predigt zum 15. Sonntag nach Trinitatis – Predigttext: Galater 5,25-26; 6,1-3.7-70
Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen. Galater 6,2
Mitte der 80iger Jahre sang die Gruppe Geier Sturzflug das Lied „Die pure Lust am Leben“ zum ersten Mal. In dem Lied heißt es im Refrain: „Aber eins kann mir keiner nehmen, das ist die pure Lust am Leben.“ In den Strophen werden alle möglichen Lebenskatastrophen beschrieben und immer wieder wird die Lust am Leben beschworen. Wenn es doch wirklich so einfach wäre! Doch wir Menschen, auch die Christen, machen da ganz andere Erfahrungen.
Schon dem Apostel Paulus ist das bewusst, dass das menschliche Leben nicht fehlerfrei und voller Belastungen ist. Darum ermutigt er die Christen, sich einander zu unterstützen, Lasten zu tragen, bei Fehlern und Versagen beizustehen und zu helfen. Es ist das Gebot von Jesus Christus. Der Geist Gottes will uns als Helfer dabei beistehen und ermutigen.
Aber wie ist das mit dem Füreinander-Dasein heute bei uns? Wie leben wir in unseren Gemeinden? Wir sind doch ganz gut in unserem Wohlstandschristsein eingerichtet. Leben wir doch ein angenehmes frommes Leben. Für das Soziale gibt es Diakonie und Caritas und andere Vereine. Müssen wir da selber noch handeln? Für die Seele gibt es doch professionelle Seelsorger und Psychologen. Da ist doch gar kein Bedarf, oder doch? Zu sehr gehen wir mit den Scheuklappen des Wohlstandes durch unsere Gemeinden und sehen die Not des anderen nicht, der einfach nur das Gespräch oder das Gebet sucht, der einfach einmal ein Mut machendes Wort benötigt, der einfach nur einmal eine kleine Dienstleistung braucht.
Wie lebe ich in meiner Gemeinde? Lasse ich mich bedienen? Oder bin ich bereit mit den Gaben, die Gott mir gegeben hat, dem anderen zu dienen?
Zu sehr liegt der Fokus unseres Lebens und unseres Christseins auf uns selbst. Dabei ist es das Gebot von Jesus Christus, füreinander Sorge zu tragen. In der alten Kirche war das selbstverständlicher als bei uns heute. Es war ihre Stärke.
Dem Anderen zu dienen erfordert sicher persönliche Opfer von Zeit, Geld Energie und Dinge, die man tun muss. Manchmal muss man die eigenen Bedürfnisse hinten dran stellen. Es erfordert auch Geduld, dem anderen zuzuhören. Dienen kann manchmal unbequem sein.
Dennoch führt Dienen zur Freude. Freude, weil man etwas für andere tut, vielleicht besonders dann, wenn man es gerade nicht an die große Glocke hängt. Manchmal bewirkt das sogar mehr Freude, als wenn es alle Leute wissen. Dienen verbindet die Menschen miteinander und schafft Freunde. Dienen ist der Grundstein für eine lebendige Gemeinde im Sinne von Jesus Christus.
Mag es jetzt paradox klingen, aber es ist so: Wer das lebt, der erfährt die pure Lust am Leben als Christ.