Klimawandel in der Bibel und in der Neuzeit

Klimawandel in der Bibel und in der Neuzeit
Regen, Sonne, Regenbogen - Gott hält seine Hand über allem (von KI erstellt)
Regen, Sonne, Regenbogen – Gott hält seine Hand über allem (von KI erstellt)

Wir leben im Zeitalter des Klimawandels. Hitzesommer, Flutkatastrophen und Dürren prägen die Schlagzeilen. Vielen wird bewusst: Der Mensch trägt durch sein Handeln große Verantwortung für die Schöpfung. Klimaschutz ist nicht nur eine technische oder politische Aufgabe, sondern auch eine ethische und geistliche Frage.
Ein Blick zurück in die Geschichte der Menschheit – und besonders in die Bibel – zeigt, dass Klimaveränderungen kein neues Phänomen sind. Schon die Menschen der Antike erlebten Dürren, Hungersnöte und Fluten. Sie deuteten diese Erfahrungen oft religiös, als Herausforderung oder als Ruf zur Umkehr. Die Bibel bewahrt diese Geschichten, weil sie etwas Grundsätzliches über das Leben mit Gott und in seiner Welt erzählen: dass das Klima nicht allein in unserer Hand liegt, wohl aber unsere Verantwortung, achtsam mit der Erde umzugehen.

1. Die Bibel als Quelle

Die Bibel ist kein naturwissenschaftliches Werk, aber sie spiegelt klimatische Veränderungen, Wetterkatastrophen und Umweltbedingungen wider, die das Leben der Menschen prägten. Oft erscheinen sie als Ausdruck göttlichen Handelns oder Gerichtes, aber sie lassen sich auch in größere historische Klimazusammenhänge stellen.

2. Epochen biblischer Klimaveränderung

Urgeschichte (Gen 1–11)

Die Urgeschichte (Gen 1–11) bündelt Erzählungen, die nicht historische Einzelereignisse beschreiben, sondern grundlegende Erfahrungen der Menschheit deuten. Darunter finden sich auch Texte, die in Bildern von Naturereignissen, Katastrophen oder der Ordnung von Welt und Schöpfung sprechen.

1. Schöpfung (Gen 1–2)

Ordnung gegen das Chaos: Die Schöpfungsgeschichten zeigen Gott als den, der die chaotischen Wasser bändigt und Grenzen zwischen Meer und Land setzt. In altorientalischen Mythen war das Meer oft Symbol für zerstörerische Mächte – hier wird es in Gottes Hand gestellt.
Klimatisch gedacht: Diese Texte spiegeln die Erfahrung, dass das Leben nur möglich ist, wenn kosmische Ordnungen verlässlich bestehen: Tag und Nacht, Sommer und Winter (vgl. Gen 8,22).

2. Sintflut (Gen 6–9)

Beschreibung: Eine universale Flut löscht fast alles Leben aus. Nur Noah und die Seinen überleben in der Arche.
Hintergrund: In Mesopotamien gab es tatsächlich Fluterfahrungen am Euphrat und Tigris, die verheerend waren. Diese Geschichten wurden in Mythen (z. B. Gilgamesch-Epos) verarbeitet – und in der Bibel theologisch neu gedeutet.
Theologische Pointe: Die Flut wird als Gericht über menschliche Bosheit erzählt – zugleich aber als Neubeginn. Nach der Flut setzt Gott einen „ewigen Bund“ und den Regenbogen als Zeichen (Gen 9,12–17).
Klimabedeutung: Fluterfahrungen sind Urbilder für „Klimakatastrophen“. Die Bibel deutet sie als Erfahrung von Endlichkeit, aber auch von Hoffnung: Gott sichert zu, dass „Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter“ nicht aufhören werden (Gen 8,22).

3. Turmbau zu Babel (Gen 11)

Beschreibung: Die Menschen wollen „bis an den Himmel“ bauen. Gott verwirrt ihre Sprache, und sie werden zerstreut.
Mögliche klimatische Dimension: Die Erzählung spielt in Babylonien – einer Region, die von Flusslandschaften und periodischen Überschwemmungen geprägt ist. Städtebau, Großarchitektur und Bewässerungssysteme waren direkte Reaktionen auf klimatische Herausforderungen.
Theologische Pointe: Nicht das Klima an sich, sondern menschlicher Größenwahn und Hybris stehen im Mittelpunkt. Doch implizit steckt die Erfahrung, dass große Kulturen durch Umweltbedingungen begrenzt sind.

Erzväterzeit (Gen 12–50)

Die Erzählungen von Abraham, Isaak, Jakob und Josef spiegeln ein Nomaden- und Bauernleben wider, das stark von klimatischen Schwankungen geprägt war.

1. Hungersnöte

Gen 12,10: Abraham zieht wegen einer Hungersnot nach Ägypten.
Gen 26,1: Auch Isaak erlebt eine Hungersnot.
Gen 41: Josephs Traumdeutung in Ägypten (sieben fette, sieben magere Jahre) spiegelt das Wissen um wiederkehrende Dürren und Nil-Schwankungen.

2. Klimahintergrund

Archäologisch und klimatologisch ist belegt, dass im 2. Jahrtausend v. Chr. wiederholt Trockenperioden im Vorderen Orient vorkamen.
Diese führten zu Migrationen (wie die Patriarchenwanderung) und zu politischen Umbrüchen.
Die Bibel deutet diese Erfahrungen theologisch: Gott führt seine Erwählten trotz widrigster Umweltbedingungen.

3. Theologische Deutung

Abhängigkeit vom Wetter: Im Unterschied zu den „sicheren Vorräten“ in Ägypten waren die Menschen in Kanaan extrem vom Regen abhängig.
Gottes Segen: Regen und Fruchtbarkeit gelten als Zeichen des Segens (Dtn 11,13–15). Ausbleibender Regen wird als Gericht verstanden (Am 4,7–8).
Gott als Herr des Klimas: Damit wird eine tiefe Botschaft transportiert: Klimatische Härten sind nicht blindes Schicksal, sondern gehören in Gottes Handeln – zugleich aber ruft er den Menschen zur Verantwortung und zum Vertrauen.

Zusammenfassung:

Urgeschichte: Weltweite Flut (Noah) als Urbild einer Klimakatastrophe – Neubeginn unter Gottes Verheißung. Turmbau zu Babel als Spiegel menschlicher Hybris, in einer Welt, die vom Klima geprägt war.
Erzväterzeit: Hungersnöte und Dürren prägen das Leben der Patriarchen. Sie spiegeln reale klimatische Krisen und werden zu Orten, an denen Gottes Führung und Fürsorge sichtbar wird.

Exodus und Wüstenzeit

1. Klimatischer Hintergrund

Das Volk Israel zieht nach der Befreiung aus Ägypten durch die Wüste Sinai/Negev. Diese Regionen sind extrem trockene Lebensräume: wenig Niederschlag, hohe Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht, kaum Vegetation. Wasser bedeutet hier buchstäblich Leben oder Tod.

2. Biblische Beispiele für Wassermangel

Ex 15,22–27 (Mara): Nur bitteres, ungenießbares Wasser wird gefunden. Gott zeigt Mose ein Holzstück, das das Wasser süß macht.
Ex 17,1–7 (Massa und Meriba): Das Volk murrt wegen Wassermangels. Mose schlägt auf Gottes Weisung mit dem Stab auf den Felsen, und Wasser quillt hervor.
Num 20,2–13 (Meriba in Kadesch): Ein ähnliches Motiv: wieder kein Wasser, wieder Klage, Mose schlägt den Felsen – diesmal in einer Weise, die Gottes Vertrauen missachtet.

3. Theologische Dimension

Existenzielle Abhängigkeit: Wasserknappheit zeigt die Zerbrechlichkeit menschlichen Lebens. Die Wüste ist der Ort, wo der Mensch an seine Grenzen stößt.
Gott als Lebensspender: Inmitten der Dürre erweist sich Gott als der, der Quellen aufbrechen lässt. „Ich will Wasser gießen auf das Durstige“ (Jes 44,3) nimmt später diese Erfahrung auf.
Murren des Volkes: Klimatische Härte führt zum Zweifel am Gottvertrauen. Die Frage „Ist der HERR unter uns oder nicht?“ (Ex 17,7) ist paradigmatisch: In der Klimakrise entscheidet sich, ob der Mensch glaubt oder verzweifelt.
Bundesgedanke: Gerade in der Not wird sichtbar, dass Gott mit seinem Volk geht und seine Verheißungen trägt.

4. Symbolische Weiterführung

Wüste als Schule des Glaubens: Die Wüstenzeit wird später als „Erziehungszeit“ verstanden, in der Israel lernte, auf Gottes Wort zu vertrauen (Dtn 8,2–3).
Christliche Rezeption: Paulus deutet die Wüstenwunder christologisch: „Der Fels aber war Christus“ (1 Kor 10,4). Damit wird die Erfahrung des Wasserwunders zum Bild für Christus als Quelle des Lebens.
Liturgische Erinnerung: In Psalmen und Propheten wird die „Quelle in der Wüste“ oft als Bild für Gottes Treue herangezogen (Ps 78,15–16; Jes 35,6–7).

5. Klimatische Botschaft für heute

Die Wüstenerzählungen zeigen:
Wasserknappheit ist kein neues Problem – sie begleitet die Menschheit seit jeher.
Der Glaube ringt darum, in der Not Gottes Nähe zu erkennen.
Gottes Verheißung lautet nicht, dass es keine Dürre gibt – sondern dass er in der Dürre Quellen öffnet.

Zusammenfassung:

Die Exodus- und Wüstenerzählungen sind theologisch verdichtete Erinnerungen an klimatische Härten. Sie zeigen, wie lebensbedrohlicher Wassermangel das Vertrauen des Volkes auf die Probe stellt – und wie Gott als derjenige erfahren wird, der mitten in der Wüste Leben schenkt.

Richter- und Königszeit

1. Klimatischer und historischer Hintergrund

Die Zeit der Richter (ca. 1200–1000 v. Chr.) und der Könige Israels (ca. 1000–587 v. Chr.) fiel in eine Periode deutlicher Klimaschwankungen im östlichen Mittelmeerraum.
Archäologische und paläoklimatische Studien (Sedimente, Pollenanalysen) zeigen Trockenphasen um ca. 1200 v. Chr. (Bronzezeit-Kollaps) und später im 9.–7. Jh. v. Chr.
Diese führten zu Missernten, Hungersnöten und Migrationen.
In den biblischen Texten spiegeln sich diese Krisen wider, oft gedeutet als Gericht oder als Ruf zur Umkehr.

2. Hungersnöte und Dürren in der Königszeit

a) Dürre unter Elija (1 Kön 17–18)
Erzählung: Elija kündigt eine mehrjährige Dürre im Nordreich Israel an. „Es soll diese Jahre weder Tau noch Regen fallen, es sei denn auf mein Wort“ (1 Kön 17,1).
Folgen: Hunger, Verzweiflung, Tod vieler Menschen und Tiere. Elija wird am Bach Krit und bei der Witwe von Zarpat versorgt.
Klimahintergrund: Im 9. Jh. v. Chr. sind im Mittelmeerraum Trockenperioden nachweisbar, die die Landwirtschaft ruinieren konnten.
Theologische Deutung: Die Dürre ist Gericht über den Götzendienst (Baalskult), weil Baal als „Regen- und Fruchtbarkeitsgott“ galt. Am Karmel (1 Kön 18) zeigt sich: nicht Baal, sondern der HERR ist Herr über Regen und Leben.

b) Weitere Hungersnöte
Ruth 1,1: Hungersnot zwingt Elimelech und Noomi, nach Moab auszuwandern.
2 Kön 4,38: Hungersnot zur Zeit des Propheten Elischa.
2 Sam 21,1: Drei Jahre Hungersnot unter David, gedeutet als Strafe für Blutschuld.
→ Diese Texte zeigen: Hungersnot war wiederkehrend und prägend für das Bewusstsein der Menschen.

3. Prophetische Deutung von Dürren

a) Amos 4,7–8
„So habe ich euch auch den Regen vorenthalten … eine Stadt regnete ich, und die andere regnete ich nicht.“
Amos beschreibt Dürren als gezieltes Gericht Gottes, um das Volk zur Umkehr zu bewegen.
Besonders auffällig ist die Ungleichverteilung: Regen an einem Ort, Dürre am anderen – ein starkes Bild für Ungerechtigkeit und Gottes Souveränität.
b) Jeremia 14,1–6
Dürre als nationale Katastrophe: „Die Ackerleute stehen enttäuscht da, weil kein Regen auf die Erde fällt.“
Tiere (Hirsche, Esel) leiden ebenso.
Jeremia deutet die Dürre zugleich als Gericht und als Anlass zum Schuldbekenntnis: „Unsere Missetaten zeugen gegen uns.“
c) Haggai 1,10–11 (später, nachexilisch, aber thematisch verwandt)
Auch hier wird Dürre als Folge von geistlicher Vernachlässigung (Nichtbau des Tempels) gedeutet.

4. Theologische und symbolische Dimension

Abhängigkeit vom Regen: Israel hatte im Gegensatz zu Ägypten kein verlässliches Flusssystem. Der Segen hing direkt vom Regen ab. → „Der HERR öffnet den Himmel“ (Dtn 11,13–15).
Dürre als Gericht: Die Propheten deuten Wetterextreme nicht naturwissenschaftlich, sondern geistlich: als Konsequenz von Abfall, Ungerechtigkeit, Götzendienst.
Gott als Herr des Wetters: Gegenüber Baal, der im kanaanäischen Glauben Regengeber war, betonen die Propheten: allein der Gott Israels sendet Regen oder Dürre.
Erziehung und Umkehr: Dürre soll Israel zur Umkehr bringen – aber sie bleibt zugleich eine existentielle Bedrohung.

5. Bedeutung für heute

Die Texte machen bewusst, wie eng Klima, Existenzsicherung und Glaube zusammenhängen.
Sie zeigen, dass Menschen extreme Wetterlagen stets deuten – damals theologisch, heute naturwissenschaftlich.
Die bleibende Botschaft: Das Klima liegt nicht in unserer Kontrolle, aber unser Verhalten (Gerechtigkeit, Verantwortung, Umgang mit Schöpfung) hat Konsequenzen.
Zusammenfassung:
Die Richter- und Königszeit war geprägt von wiederkehrenden Dürren und Hungersnöten, die die Propheten als Stimme Gottes deuteten. Die Dürre unter Elija (1 Kön 17–18) zeigt: nicht Baal, sondern der HERR ist Herr über Regen und Leben. Amos und Jeremia führen Dürren auf die Untreue und Schuld des Volkes zurück. Diese Deutungen verbinden Klimakrisen mit der Frage nach Glaube, Gerechtigkeit und Verantwortung.

Exil und nachexilische Zeit

1. Historischer Hintergrund

Nach der Zerstörung Jerusalems (587 v. Chr.) und dem babylonischen Exil begann ab 539 v. Chr. mit der persischen Eroberung Babylons eine neue Epoche. Ein Teil der Verschleppten kehrte zurück, aber die Verhältnisse waren schwierig: Jerusalem lag in Trümmern, der Tempel war zerstört, die Felder brachten wenig Ertrag. Die kleine Restbevölkerung Judas war auf unsichere Landwirtschaft angewiesen – und genau das spiegeln die Propheten dieser Zeit.

2. Haggai 1,10–11

Situation: Um 520 v. Chr. hatten die Rückkehrer begonnen, den Tempel wieder aufzubauen, dann aber nach Widerständen aufgehört.
Beobachtung: Haggai beschreibt Dürre und Erntekrisen: „Darum hat der Himmel über euch den Tau zurückgehalten und die Erde ihren Ertrag … Ich habe die Dürre gerufen über das Land, über das Getreide, den Wein, das Öl.“
Klimatische Dimension: Trockenheit, schlechte Ernten, ausbleibender Tau. In einem Land, das stark vom Regen abhängt, bedeutet das Hunger und Armut.
Theologische Deutung: Die Krise ist nicht Zufall, sondern Ausdruck dafür, dass Gottes Haus unvollendet blieb. Klimanot wird als Zeichen für fehlende Gottesgemeinschaft verstanden.

3. Sacharja 8,10–12

Situation: Ebenfalls in den Jahren um 520 v. Chr., als die Aufbauarbeit wieder aufgenommen wird.
Beobachtung: Sacharja erinnert: „Vor diesen Tagen war für die Menschen kein Lohn und für das Vieh kein Ertrag … Aber nun will ich für den Rest dieses Volkes das Gute säen: Der Weinstock soll seine Frucht geben, die Erde ihren Ertrag, der Himmel seinen Tau.“
Klimatische Dimension: Rückblick auf Missernten, Zukunftsverheißung von Regen und Fruchtbarkeit.
Theologische Deutung: Gott verheißt Segen – die Erträge von Feld und Weinberg werden zum Symbol seiner erneuerten Nähe.

4. Theologische Botschaft

Dürre als Gericht (Haggai): Die Not ist Zeichen, dass Gottes Auftrag missachtet wurde.
Fruchtbarkeit als Verheißung (Sacharja): Gelingen der Landwirtschaft ist Zeichen von Gottes Zuwendung.
Tau und Regen: In einem regenarmen Land werden sie zur Metapher für Gnade und Heil.
Zusammenfassung:
In der nachexilischen Zeit schildern Haggai und Sacharja die Klimanot als Teil der geistlichen Krise des Volkes. Dürre und Missernten zeigen Gottes Zorn über Vernachlässigung und Halbherzigkeit. Umgekehrt verheißt Gott, dass mit der Erneuerung des Bundes auch die Erde wieder Frucht tragen wird.

Jesuszeit / Neues Testament

1. Klimatischer Rahmen

Die Zeit Jesu fällt in die Epoche des Römischen Klimaoptimums (ca. 200 v. Chr. – 200 n. Chr.).
Mildes und stabiles Klima herrschte im Mittelmeerraum: gute Bedingungen für Landwirtschaft (Weizen, Oliven, Wein).
Trotzdem gab es lokale Wetterextreme: Dürreperioden, plötzliche Stürme am See Genezareth, Kälte im Winter.
Gerade in einer Gesellschaft, die stark agrarisch geprägt war, bedeuteten Klima und Wetter alltägliche Unsicherheit.

2. Wetterextreme in den Gleichnissen und Erzählungen

Dürre und Hitze

Mt 13,6 (Gleichnis vom Sämann): „Als aber die Sonne aufging, wurde es versengt; und weil es keine Wurzel hatte, verdorrte es.“
Bild aus der Landwirtschaft: Sonne und Dürre vernichten Samen ohne Wurzeln. → Theologisch: Glaube ohne Wurzeln geht in der Hitze der Anfechtung unter.

Stürme und Unwetter

Mk 4,37 (Sturmstillung): „Da erhob sich ein großer Windwirbel, und die Wellen schlugen in das Boot …“
Der See Genezareth ist bekannt für plötzliche Fallwinde, die heftige Stürme verursachen.
Theologisch: Jesus zeigt seine Macht über Naturgewalten – er ist Herr über Chaos und Sturm.

Zeichen am Himmel

Mt 24,29: „Die Sonne wird sich verfinstern, der Mond seinen Schein verlieren.“
Apokalyptische Bilder, die kosmische Krisen als Ausdruck des kommenden Gottesgerichts deuten.

3. Paulus und die klimatischen Härten

2 Kor 11,27: Paulus beschreibt sein Leben als Apostel: „Ich habe Mühe und Arbeit gehabt, oft in Nachtwachen, in Hunger und Durst, oft im Fasten, in Kälte und Blöße.“
Dies zeigt: Das Leben der frühen Christen war nicht abgesichert – sie waren Wetterextremen, Hunger und Kälte ausgesetzt.
Theologisch wird daraus: Die Nachfolge Christi ist kein Weg durch sichere Zeiten, sondern durch Bedrängnisse hindurch – und gerade darin zeigt sich Gottes Kraft.

4. Theologische Dimension

Natur als Bildträger: Jesus greift klimatische Erfahrungen seiner Hörer auf – Sonne, Regen, Sturm – und macht sie zu Gleichnisbildern für Glauben und Reich Gottes.
Macht über die Natur: Die Sturmstillung und Wunder wie die Speisungen zeigen, dass Jesus als Herr über die lebensbedrohlichen Naturkräfte verstanden wird.
Existenzielle Abhängigkeit: Paulus’ Erfahrungen machen deutlich, dass die frühe Kirche unter denselben klimatischen Härten litt wie ihre Umwelt – aber diese durch das Vertrauen auf Christus neu deuten konnte.
Zusammenfassung:
Das Neue Testament spiegelt das Klima der Antike sowohl in alltäglichen Bildern (Dürre, Sonne, Sturm) als auch in den Erfahrungen der ersten Christen wider. Jesus nutzt Wetterextreme als Gleichnismaterial, erweist sich als Herr über Naturgewalten und zeigt so, dass Gottes Reich auch inmitten von Chaos und Katastrophen Bestand hat. Paulus schildert die Härte von Hunger, Durst und Kälte – und deutet sie als Teil der Christusnachfolge.

Nachbiblische Zeit

Spätantike und „Kalte Spätantike“

1. Historischer Rahmen

Spätantike: etwa 300–600 n. Chr.
Übergang von der Blüte des Römischen Reiches (und des Christentums als Staatsreligion ab 380) hin zu tiefgreifenden Umbrüchen: Völkerwanderung, Zerfall des Weströmischen Reiches (476), Beginn des Frühmittelalters.
Parallel dazu ereigneten sich markante Klimaveränderungen, die als „Kalte Spätantike“ bezeichnet werden.

2. Klimatische Ereignisse

Ab dem frühen 4. Jh. kam es zu einer Abkühlung im Mittelmeerraum.
536 n. Chr.: Katastrophales Jahr – antike Chronisten (Prokop, Michael der Syrer) berichten von einem „Jahr ohne Sonne“. Die Sonne schien trüb, Sommer blieben kühl, Ernten schlugen fehl.
Ursache: vermutlich ein gewaltiger Vulkanausbruch (wahrscheinlich in Island oder Nordamerika), dessen Asche die Sonneneinstrahlung blockierte.
In den Jahren 536–546 wiederholten sich Kälteperioden und Missernten → eine der massivsten Klimakrisen der letzten 2000 Jahre.
Neuere Klimaforschung spricht von einer „Late Antique Little Ice Age“ (ca. 536–660 n. Chr.).

3. Folgen für Gesellschaft und Geschichte

Ernteausfälle und Hungersnöte: Besonders in Europa und im Nahen Osten.
Seuchen: Geschwächte Bevölkerung → Ausbreitung der „Justinianischen Pest“ ab 541 (erste große Pandemie der Geschichte, Millionen Tote).
Migrationen und politische Umbrüche: Klimakrisen begünstigten Völkerwanderungen, führten zu instabilen Reichen und politischen Verschiebungen.
Schwächung des Oströmischen Reiches: Die Kombination aus Klimakrise, Pest und Kriegen schwächte Byzanz erheblich.

4. Religiös-theologische Dimension

Zeit der Umbrüche: In der Spätantike war das Christentum bereits Staatsreligion (seit Theodosius I., 380 n. Chr.). Klimakrisen wurden vielfach als Gericht Gottes gedeutet.
Apokalyptische Deutung: Sonnenfinsternisähnliche Phänomene, Hunger und Pest wurden als Zeichen der Endzeit verstanden.
Kirchliche Reaktionen:
Zunahme von Bußpredigten und Fastenaufrufen.
Stärkung der monastischen Bewegung: Rückzug in Wüsten und Klöster als Suche nach Sicherheit bei Gott.
Stärkerer Trost- und Heilcharakter des Glaubens: Christus als der Herr über Leben und Tod mitten in globalen Krisen.

5. Bedeutung im Gesamtzusammenhang

Während das Römische Klimaoptimum (Zeit Jesu und der frühen Kirche) günstige Bedingungen für Landwirtschaft, Bevölkerungswachstum und Expansion bot, markierte die Kalte Spätantike den Beginn einer Phase von Krisen, Umbrüchen und Verwerfungen.
Klimaveränderungen sind damit nicht nur „Naturereignisse“, sondern geschichtsmächtige Faktoren, die religiöse Deutungen, Migrationen und politische Prozesse massiv beeinflussten.
Zusammenfassung:
Die Spätantike (4.–6. Jh.) war eine Epoche tiefgreifender klimatischer Krisen. Die „Kalte Spätantike“ ab 536 n. Chr. brachte Ernteausfälle, Hungersnöte, Seuchen und gesellschaftliche Umwälzungen. Zeitgenossen deuteten diese Katastrophen als Zeichen göttlichen Gerichts oder als apokalyptische Vorboten. Für die Kirche bedeutete dies: Sie wurde immer mehr zur Instanz, die Halt und Deutung gab in einer von Katastrophen geprägten Welt.

3. Zeitschiene in der Weltgeschichte

ca. 3000–2000 v. Chr.: Wechsel von feuchten zu trockenen Phasen im Vorderen Orient → Hungersnöte, Migration (vgl. Gen 12,10).
ca. 1250–1150 v. Chr.: „Bronzezeit-Kollaps“ mit Dürreperioden im Mittelmeerraum.
ca. 850 v. Chr.: Dürre im Nordreich Israel zur Zeit des Elija.
ca. 600–400 v. Chr.: Klimaschwankungen, die in prophetischen Texten auftauchen.
ca. 200 v. Chr. – 200 n. Chr.: „Römisches Klimaoptimum“ mit stabil warmem Klima.
ca. 400–800 n. Chr.: „Kalte Spätantike“ → Ernteausfälle, Völkerwanderung.
ca. 800–1300 n. Chr.: „Mittelalterliches Klimaoptimum“.
1540 n. Chr.: „Jahrtausendsommer“ in Mitteleuropa: fast ein Jahr ohne Regen, extreme Hitze, Flüsse fast ausgetrocknet. Chroniken berichten von Bränden, Hunger und Seuchen. Dieses Jahr sticht als extreme Klimaanomalie mitten in der „Kleinen Eiszeit“ hervor. Viele deuteten es als Strafe Gottes – ein Beispiel dafür, wie Klimaereignisse religiös interpretiert wurden.
ca. 1300–1850 n. Chr.: „Kleine Eiszeit“ mit strengen Wintern, Missernten und Hungersnöten.
Seit ca. 1850 n. Chr.: Beginn des anthropogenen Klimawandels durch Industrialisierung.

Fazit:

So ergibt sich ein roter Faden: Schon die Bibel erzählt von Dürren, Hungersnöten und Katastrophen als Herausforderungen für den Glauben.
Von der Sintflut bis zur „Kleinen Eiszeit“: Klimaveränderungen haben die Menschheit immer wieder erschüttert. Die Bibel bewahrt diese Erfahrungen als theologische Zeugnisse: Gott ist größer als die Katastrophe, und im Vertrauen auf ihn kann Neues wachsen.
Historisch zieht sich das Thema bis in die Neuzeit hinein – mit 1540 als einem markanten Einschnitt – und reicht bis zum heutigen menschengemachten Klimawandel.
Heute stehen wir erneut in einer Klimakrise – diesmal selbst verschuldet. Das macht die biblische Botschaft umso dringlicher: Wir tragen Verantwortung für die Schöpfung. Und zugleich dürfen wir glauben: Auch in Krisenzeiten verlässt uns Gott nicht.

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