Gedenktag Johannes der Täufer – Evangelische Sicht, Bräuche und Traditionen
Der Gedenktag für Johannes den Täufer wird am 24. Juni gefeiert und gehört zu den wichtigen Festen im Kirchenjahr. Johannes der Täufer gilt als Wegbereiter Jesu und erinnert an die Taufe und Buße, die er verkündete. Doch warum feiern evangelische Christen diesen Tag, und wie sieht das heute in den Gemeinden aus?

Warum feiern Christen Johannes den Täufer?
Johannes der Täufer ist eine zentrale Figur in der Bibel, denn er bereitete den Weg für Jesus Christus vor und taufte ihn im Jordan. Sein Leben steht für Buße, Umkehr und die Vorbereitung auf Gottes Reich. In der evangelischen Kirche wird dieser Gedenktag genutzt, um an die Bedeutung der Taufe zu erinnern – ein Sakrament, das Christen mit Christus verbindet und zum Glauben einlädt.
Bräuche und Traditionen in der evangelischen Kirche
Im Unterschied zur katholischen Kirche ist die Feier des Johannistags in evangelischen Gemeinden eher schlicht. Traditionelle Rituale wie die Wassersegnung, die in der katholischen Kirche manchmal üblich ist, spielen bei evangelischen Christen kaum eine Rolle.
Stattdessen finden vielerorts Gemeindefeste statt, besonders weil der 24. Juni nahe am Sommeranfang liegt. Bei diesen Festen wird oft gemeinsam gegessen – mit klassischen Speisen wie Bratwürsten (Rostern), Kartoffelsalat und hausgemachten Kuchen. Man trifft sich im Gemeindehaus oder draußen, manchmal gibt es Lagerfeuer oder kleine Andachten. So entsteht eine fröhliche Atmosphäre, die Gemeinschaft und Glauben verbindet.
Warum wird der Tag oft auf dem Friedhof gefeiert?
In vielen Gemeinden finden an oder um den Johannistag auch Gedenkgottesdienste auf Friedhöfen statt. Der Johannistag wird damit zu einem Tag des Erinnerns an die Verstorbenen, verbunden mit dem Gedanken an die Auferstehung und das ewige Leben. Die Verbindung zu Johannes dem Täufer als Wegbereiter für Jesus passt gut zu dieser Hoffnung auf Leben nach dem Tod.
Ursprung des Johannistags
Der Johannistag geht zurück auf das 4. Jahrhundert, als die Kirche begann, Gedenktage für wichtige Heilige und Ereignisse einzuführen. Das Datum 24. Juni wurde gewählt, weil es ungefähr sechs Monate vor Weihnachten liegt – der Geburt Jesu. So wird symbolisch an die Geburt von Johannes dem Täufer erinnert, der die Ankunft Jesu vorbereitet hat.
Geschichte des Johannistags: Von heidnischer Sonnenwende zum christlichen Gedenktag
Der 24. Juni ist nicht zufällig gewählt: Dieses Datum liegt nur wenige Tage nach der Sommersonnenwende (21. Juni), dem längsten Tag des Jahres. Schon in vorchristlicher Zeit war dieser Zeitpunkt von großer Bedeutung – mit Feuern, Festen und rituellen Handlungen wurde das Licht gefeiert.
Als das Christentum sich ausbreitete, wurden viele dieser heidnischen Bräuche nicht vollständig abgeschafft, sondern umgedeutet. Statt der Sonne wurde nun das kommende Licht Christi gefeiert – Johannes der Täufer wurde als „Vorläufer des Lichts“ verstanden, der Jesus ankündigt.
In der Bibel selbst steht im Johannesevangelium (Joh 3,30):
„Er muss wachsen, ich aber muss abnehmen.“
Diese Worte werden symbolisch mit dem Sonnenlauf verbunden: Nach dem Johannistag werden die Tage wieder kürzer – passend zu Johannes’ Rolle, der sich selbst zurücknimmt, um Christus den Weg zu bereiten.
Regionale Besonderheiten – Wie Johannis in evangelischen Gegenden gefeiert wird
In evangelischen Regionen, besonders in Thüringen, Sachsen, Franken und Mecklenburg, wird der Johannistag nicht nur kirchlich, sondern auch kulturell begangen. Hier einige typische Ausprägungen:
🔥 Johannisfeuer
Auch in evangelischen Gemeinden gibt es Johannisfeuer, vor allem in ländlichen Gegenden. Es handelt sich um ein altes Symbol für Reinigung, Licht und Leben. Kinder springen manchmal über kleinere Feuerstellen – ein Brauch, der Glück bringen soll. Dabei wird aber meist auf übermäßigen Mystizismus verzichtet, der mit evangelischem Denken oft schwer vereinbar ist.
⛪ Gottesdienste auf Friedhöfen
Gerade in Ostdeutschland ist es üblich, am Johannistag Gottesdienste auf Friedhöfen zu feiern. Diese Form hat sich nach der Wende etabliert und verbindet Erinnerung an Verstorbene mit der Hoffnung auf Auferstehung. Johannes als Wegweiser zu Christus passt dabei theologisch hervorragend zu einer solchen Gedenkform.
🎉 Gemeindefeste mit Essen und Geselligkeit
Wie schon erwähnt, gibt es vielerorts kleine Gemeindefeste, bei denen Roster, Kartoffelsalat und Kuchen nicht fehlen. In manchen Orten ist es eine Art „Sommerfest der Gemeinde“, das generationsübergreifend gefeiert wird – mit Musik, Spielangeboten für Kinder und Zeit für Gespräche.
🌱 Bauernregeln und Naturbezug
Rund um den Johannistag gibt es viele Bauernregeln, etwa:
„Johanni trocken – Korn in die Locken.“
Oder:
„Vor Johanni bitt, nach Johanni schitt.“
Diese spiegeln den engen Zusammenhang des Tages mit der Natur und Landwirtschaft wider. Auch die sogenannte „Johanniskraut-Blüte“ (Hypericum perforatum) beginnt meist um diese Zeit – viele Wildkräuter wurden deshalb früher an diesem Tag gesammelt.
Fazit
Der Johannistag verbindet christliche Botschaft, kulturelles Brauchtum und gemeinschaftliches Erleben auf besondere Weise – gerade im evangelischen Raum. Auch wenn mystische Rituale wie Wassersegnungen oder Reliquienverehrung selten sind, lebt der Tag durch seine frohe, bodenständige und gemeinschaftliche Gestaltung.
Er erinnert an das Licht, das Christus in die Welt bringt, und daran, dass Johannes der Täufer uns zur Umkehr, zum Vertrauen und zur Hoffnung aufruft.
Zitaten, Liedern und Bibelstellen zum Johannistag
📖 Bibelverse zum Johannistag
Johannes der Täufer ist eine zentrale Figur in der Bibel – als Wegbereiter Jesu, Mahner zur Umkehr und Prediger der Hoffnung. Hier einige passende Verse:
- Johannes 1,6–8:
„Es war ein Mensch, von Gott gesandt, der hieß Johannes. Dieser kam zum Zeugnis, um von dem Licht zu zeugen, damit alle durch ihn glaubten. Er war nicht das Licht, sondern er sollte zeugen von dem Licht.“
- Lukas 1,76–79 (aus dem Lobgesang des Zacharias):
„Und du, Kindlein, wirst ein Prophet des Höchsten heißen; denn du wirst dem Herrn vorangehen, dass du seinen Weg bereitest […]“
- Matthäus 3,11:
„Ich taufe euch mit Wasser zur Buße; der aber nach mir kommt, ist stärker als ich, und ich bin nicht wert, ihm die Schuhe zu tragen.“
- Johannes 3,30:
„Er muss wachsen, ich aber muss abnehmen.“
(Oft als Leitvers für den Johannistag verstanden.)
🎵 Evangelische Lieder für den Johannistag
Es gibt im evangelischen Gesangbuch (EG) keine eigene Rubrik für Johannes den Täufer, aber einige Lieder sind thematisch sehr passend:
1. „Mit Ernst, o Menschenkinder“ (EG 10)
– Ein klassisches Adventslied, das ursprünglich mit Johannes in Verbindung stand.
„Bereitet doch den Weg dem Herrn, der Herr will zu euch kommen.“
2. „Die Nacht ist vorgedrungen“ (EG 16)
– Passend zum Bild des Lichts, das Johannes ankündigt.
„Der Morgenstern ist aufgedrungen, der die Welt verändert hat.“
3. „Tröstet, tröstet alle, die da weinen“ (EG 15)
– Aus Jesaja 40, das in der Bibel direkt mit dem Wirken Johannes des Täufers verknüpft ist.
„Eine Stimme ruft: Bahnt dem Herrn einen Weg in der Wüste.“
4. „Licht, das in die Welt gekommen“ (Regional oder modern)
– Viele moderne Lobpreislieder greifen das Lichtmotiv auf, das für Johannes typisch ist.
5. „Das Jahr steht auf der Höhe“ – Ein Sommerlied, das zum Johannistag passt.(Text: Detlev Block, Melodie: Johann Steuerlein, 16. Jh.).
Es steht im Anhang des Evangelischen Gesangbuchs Sachsen im Buch „Singt von Hoffnung“ unter der Nummer SVH 26.
💬 Zitate von Reformatoren und Theologen über Johannes den Täufer
✒️ Martin Luther
„Johannes war der letzte Prophet des Alten Testaments und der erste Zeuge des Neuen Bundes.“
– (Sinngemäß aus seinen Predigten über Matthäus)
„Johannes predigt Buße – aber nicht um der Buße willen, sondern weil Christus kommt.“
✒️ Dietrich Bonhoeffer
„Der Täufer ruft in die Wüste – nicht um uns zu ängstigen, sondern um uns frei zu machen. Wer dem Ruf folgt, wird Christus begegnen.“
✒️ Johann Hinrich Wichern (Begründer der Inneren Mission)
„Johannis ruft uns nicht ins Kloster, sondern in die Welt – zur Tat und zum Zeugnis.“
🕊️ Ergänzende Symbole für Gottesdienst oder Blog
- Licht & Feuer – als Symbol für Christus, aber auch für die prophetische Leidenschaft des Johannes.
- Wasser – Erinnerung an die Taufe; eignet sich für Taufgedächtnisfeiern.
- Kreuz & Schilfrohr – Johannes wird mit dem „Schilfrohr im Wind“ (Matthäus 11,7) verglichen.
- Lamm – „Siehe, das Lamm Gottes“ – Johannes zeigt auf Jesus.
📚 Bibliografie zum Johannistag (evangelische Perspektive)
🔹 Primärquellen – Bibel und Gesangbuch
- Die Bibel. Lutherübersetzung 2017. Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart 2017.
(Verwendet für Bibelzitate aus Lukas, Matthäus, Johannes u. a.) - Evangelisches Gesangbuch (EG). Gemeinsames Gesangbuch der Evangelischen Kirche in Deutschland, 1993.
(Für Liedzitate: EG 10, EG 15, EG 16)
🔹 Sekundärliteratur – Theologie, Brauchtum, Kirchengeschichte
- Hahn, Ferdinand: Johannes der Täufer – Prophet zwischen altem und neuem Bund. Neukirchener Verlag, 2004.
(Zur theologischen Bedeutung Johannes des Täufers) - Strohm, Christoph: Martin Luther – Eine Einführung in sein theologisches Denken. C.H. Beck, 2017.
(Für reformatorische Perspektiven auf Buße und Prophetie) - Stark, Winfried: Feste und Bräuche durchs Kirchenjahr. Kösel Verlag, 2016.
(Überlieferte Bräuche zu Johannis, insbesondere in evangelischen Regionen) - Schmidt, Hans-Jürgen: Feste im Kirchenjahr. Herkunft – Bedeutung – Gestaltung. Gütersloher Verlagshaus, 2010.
(Zum Kirchenjahr allgemein und regionalen Traditionen wie Johannisfeuer)
🔹 Regionale und liturgische Quellen
- Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM): Liturgische Bausteine zum Johannistag.
Online: https://www.ekmd.de
(Für Hinweise auf Gemeindefeste mit Bratwurst, Taufgedächtnis etc.) - Bayerische Landeskirche: Brauchtum zum Johannistag.
Online: https://www.bayern-evangelisch.de - Liturgischer Kalender der EKD: Kirchenjahr evangelisch.
Online: https://www.kirchenjahr-evangelisch.de
🔹 Zitate & Predigten
- Luther, Martin: Predigten über das Matthäusevangelium. In: WA 10/I. Weimarer Ausgabe.
(Predigten über Johannes den Täufer) - Bonhoeffer, Dietrich: Widerstand und Ergebung. Chr. Kaiser Verlag, 1951.
(Zitate zur christlichen Verantwortung und Buße) - Wichern, Johann Hinrich: Schriften zur Inneren Mission. Hamburg 1858ff.
(Für missionarisch-diakonische Impulse aus dem 19. Jahrhundert)