Predigt Sonntag Invocavit 2020
Gnade sei mit Euch und Friede von Gott unserem Vater und unserem Herrn und Heiland Jesus Christus. Amen.
Liebe Gemeinde,
vielleicht kennen Sie noch das alte Karnevalslied von Jupp Schmitz aus der Mitte des vergangenen Jahrhunderts:
Am Aschermittwoch
Ist alles vorbei (ist alles vorbei)
Die Schwüre von Treue
Sie brechen entzwei (sie brechen entzwei)
Von all deinen Küssen
Darf ich nichts mehr wissen
Wie schön es auch sei
Dann ist alles vorbei
In der zweiten Strophe dieses Liedes heißt es dann:
Adam und Eva im Paradies
Fanden verbotene Früchte süß
Und sie probierten auf jeden Fall
Noch einmal! (Noch einmal!)
Weil der App’tit kam erst hinterher
War auf dem Baum bald kein Apfel mehr
Da Karneval war im Paradies
Flüsterte Eva ganz süß
Nun um das Paradies und das Geschehen damals gehe es uns heute. Vielleicht fragt da mancher: Was haben diese alten Geschichten der Bibel, von denen wir nicht einmal wissen, ob sie überhaupt wahr waren, mit uns zu tun. Wir werden sehen, hören wir sie erst einmal. Dazu lesen wir aus 1. Mose 3, 1-19:
Genesis 3,1–19 (LU)
1 Und die Schlange war listiger als alle Tiere auf dem Felde, die Gott der HERR gemacht hatte, und sprach zu der Frau: Ja, sollte Gott gesagt haben: Ihr sollt nicht essen von allen Bäumen im Garten?
2 Da sprach die Frau zu der Schlange: Wir essen von den Früchten der Bäume im Garten;
3 aber von den Früchten des Baumes mitten im Garten hat Gott gesagt: Esset nicht davon, rühret sie auch nicht an, dass ihr nicht sterbet!
4 Da sprach die Schlange zur Frau: Ihr werdet keineswegs des Todes sterben,
5 sondern Gott weiß: an dem Tage, da ihr davon esst, werden eure Augen aufgetan, und ihr werdet sein wie Gott und wissen, was gut und böse ist.
6 Und die Frau sah, dass von dem Baum gut zu essen wäre und dass er eine Lust für die Augen wäre und verlockend, weil er klug machte. Und sie nahm von seiner Frucht und aß und gab ihrem Mann, der bei ihr war, auch davon und er aß.
7 Da wurden ihnen beiden die Augen aufgetan und sie wurden gewahr, dass sie nackt waren, und flochten Feigenblätter zusammen und machten sich Schurze.
8 Und sie hörten Gott den HERRN, wie er im Garten ging, als der Tag kühl geworden war. Und Adam versteckte sich mit seiner Frau vor dem Angesicht Gottes des HERRN zwischen den Bäumen im Garten.
9 Und Gott der HERR rief Adam und sprach zu ihm: Wo bist du?
10 Und er sprach: Ich hörte dich im Garten und fürchtete mich; denn ich bin nackt, darum versteckte ich mich.
11 Und er sprach: Wer hat dir gesagt, dass du nackt bist? Hast du gegessen von dem Baum, von dem ich dir gebot, du solltest nicht davon essen?
12 Da sprach Adam: Die Frau, die du mir zugesellt hast, gab mir von dem Baum und ich aß.
13 Da sprach Gott der HERR zur Frau: Warum hast du das getan? Die Frau sprach: Die Schlange betrog mich, sodass ich aß.
14 Da sprach Gott der HERR zu der Schlange: Weil du das getan hast, seist du verflucht vor allem Vieh und allen Tieren auf dem Felde. Auf deinem Bauche sollst du kriechen und Staub fressen dein Leben lang.
15 Und ich will Feindschaft setzen zwischen dir und der Frau und zwischen deinem Samen und ihrem Samen; er wird dir den Kopf zertreten, und du wirst ihn in die Ferse stechen.
16 Und zur Frau sprach er: Ich will dir viel Mühsal schaffen, wenn du schwanger wirst; unter Mühen sollst du Kinder gebären. Und dein Verlangen soll nach deinem Mann sein, aber er soll dein Herr sein.
17 Und zum Mann sprach er: Weil du gehorcht hast der Stimme deiner Frau und gegessen von dem Baum, von dem ich dir gebot und sprach: Du sollst nicht davon essen –, verflucht sei der Acker um deinetwillen! Mit Mühsal sollst du dich von ihm nähren dein Leben lang.
18 Dornen und Disteln soll er dir tragen, und du sollst das Kraut auf dem Felde essen.
19 Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis du wieder zu Erde wirst, davon du genommen bist. Denn Staub bist du und zum Staub kehrst du zurück.
Ja, liebe Gemeinde, da steht nun die Frage im Raum: Was hat diese Geschichte mit uns zu tun? Sicher werden wir heute mitten in eine Versuchungsgeschichte hineingenommen. Und diese geschieht mitten im Paradies.
Das Paradies ist ein Zustand, den wir alle gern wünschen.
Nicht umsonst träumen wir vom Urlaub an paradiesischen Stränden, vielleicht in der Dominikanischen Republik oder wer sich das nicht leisten kann, wenigstens ein Wochenende in den künstlich erstellten Paradies von Tropical Island oder Center Parcs oder wenigsten an einem Beachstrand vor einer Beachbar, wo man träumen kann. Unbeschwert das Paradies erleben.
Doch dann holt uns die Wirklichkeit wieder ein. In dieser Woche war es das Coronavirus, das nun nicht nur in China präsent ist. Wir waren auf einen Kongress, der nach zwei Tagen abgebrochen werden musste, weil es im weiten Umfeld des Kongresses einen Fall gab.
Wir sehnen uns doch alle nach einem Leben, das unbeschwert und paradiesisch ist: „Das Leben kann so schön sein!“
Und dann kommt sie doch die Versuchung: „Sollte Gott gesagt haben?“ Eigentlich eine harmlos klingende Ansage: „Sollte Gott gesagt haben?“ Die Versuchung trifft Eva nicht in einer Krise oder als sie irgendwelche Probleme hatte. Nein, es ging ihr richtig gut. Die Versuchung traf sie im gewöhnlichen Leben, und als sie mit den Aufgaben beschäftigt war, die Gott ihr aufgetragen hatte, um sie zu erfüllen. Sie war nicht in eine gefährliche Gegend gewandert, sondern mitten im Paradies, im geschützten Raum.
Versuchungen sind etwas Gemeines, weil sie meistens nicht gleich erkennbar sind. Sie verschleiern den wahren Grund des Handels. Sie führen zu Handlungen, die nicht mehr der sozialen Norm entsprechen, -so schreibt das Lexikon.
Da ist die lila Versuchung eines Schokoladenherstellers nichts dagegen.
Da steht sie nun im Raum die Frage: „Sollte Gott gesagt haben?“ Was hat denn Gott gesagt?
Eva antwortet auf die Frage der Schlange: Wir essen von den Früchten der Bäume im Garten; aber von den Früchten des Baumes mitten im Garten hat Gott gesagt: Esset nicht davon, rühret sie auch nicht an, dass ihr nicht sterbet!
Ach, wir können doch eigentlich alles tun. Wir haben hier im Paradies soviel Freiraum. Uns geht es richtig gut. Wir fühlen uns hier richtig wohl. Es gibt nur eine klitze kleine Einschränkung, die ist es aber nicht wert darüber zu sprechen.
Und doch genau die ist es wert zu sprechen, denn da hat er sie, der Versucher.
Was hat Gott gesagt? Ihr werdet sterben, glaubt mir, ihr werdet nicht sterben. Gott hat euch nur für dumm verkauft. Nein, ihr werdet leben und werdet richtig schlau sein. Und das will Gott nicht, der will doch, dass ihr dumm und abhängig bleibt. Aber ihr sollt euch doch selbst befreien und selbst verwirklichen. Ihr sollt doch etwas aus euch machen. Eure eigenen Ziele, Sehnsüchte und Wünsche sollen mit dem Ziel, „das eigene Wesen völlig zur Entfaltung zu bringen“ an oberster Stelle stehen.
Die Schlange fragt: Sollte Gott gesagt haben, ihr sollt nicht essen von allerlei Bäumen in diesem Garten? Sie bestreitet dies Wort nicht, aber gibt dem Menschen einen ihm bisher unbekannten Ausblick in eine Tiefe, von der aus der Mensch in der Lage wäre, ein Wort als Gotteswort zu begründen oder zu bestreiten. Die Schlange selbst stellt zunächst nur die Möglichkeit hin, dass vielleicht der Mensch hier falsch | gehört habe, da Gott das doch nicht so gemeint haben könne.
Ja und dann ist das Kind in den Brunnen gefallen. Dann heißt es fast ironisch in der Geschichte:
Da wurden ihnen beiden die Augen aufgetan und sie wurden gewahr, dass sie nackt waren, und flochten Feigenblätter zusammen und machten sich Schurze.
Und sie hörten Gott den HERRN, wie er im Garten ging, als der Tag kühl geworden war. Und Adam versteckte sich mit seiner Frau vor dem Angesicht Gottes des HERRN zwischen den Bäumen im Garten.
Adam und Eva schämten sich voreinander. Das Schamgefühl entstand. Nichts mit Hippiebewegung der 70iger Jahre. Das Erkennen führte nicht zu mehr Schlauheit, sondern zur Scham voreinander und letztlich vor Gott, als der im Paradies spazieren ging.
Adam, wo bist du? Das ist die Frage, die Gott jetzt stellt. Er stellt sie auch uns. Er stellt sie dir und mir. Mensch, wo bist du? Vielleicht verstecken wir uns auch vor Gott? Mit unseren Fragen, mit unseren Zweifeln, mit unseren Nöten, mit unseren Ängsten und vielen mehr – mit unserem Versagen und mit unserer Sünde?
Nun kommt noch die Abrechnung. Wer ist nun schuld, dass die ganze Geschichte hier passierte? Die Schlange, als das Bild des Versuchers, Eva, die die Frucht besorgte, Adam, der die Frucht nahm, oder Gott selbst, der es zu ließ, oder einfach die Umstände, dass es passierte, weil es passieren musste.
Da stehen sie nun vor Gott, Adam und Eva, beide wie betrogene Betrüger! Sie sind aus der Geborgenheit, die der vertrauensvolle Gehorsam gegen Gottes Gebot, die das Paradies gewährt, herausgefallen und erblicken zum ersten Mal sich selbst in ihrer Blöße, ihr Nacktsein. Sie spüren, dass sie obwohl sie mitten im Paradies ihres Lebens sind, das Ziel ihres Lebens verfehlt haben, dass sie vor Gott schuldig geworden sind und versagt haben.
Ja, sie spüren, dass es auch nicht klappt, die Schuld auf den anderen zu schieben. Jeder trägt seinen Teil dazu bei. Jeder ist schuldig. Man kann sie auch nicht Gott oder den Umständen in die Schuhe schieben.
So folgt nun die Abrechnung Gottes und sie ist nun doch anders als erwartet. So erfahren Adam und Eva mitten im Gericht doch Gnade.
Sicher das Leben ist jetzt endlich. Doch die Androhung des Todes wird nicht sofort umgesetzt, sondern ein Leben außerhalb des Paradieses ist möglich, wenn auch unter erschwerten Bedingungen.
Dabei ist aber Arbeit an sich kein Fluch, sie ist viel häufiger ein Segen. Der Fluch ist die Sorge, die Mühe, die Frustration, der Schweiß und die Ermüdung, die mit der Arbeit zusammenhängen.
Liebe Gemeinde, ich finde, diese Geschichte sagt viel über uns und unser Menschsein aus. Sie sagt auch viel über unser Verhalten gegenüber Gott aus. Oft entdecke ich, dass auch ich, wie Adam oder Eva bin und mich manchmal von der Frage „Sollte Gott gesagt haben?“ verführen lasse.
Darum ist es gut zu wissen, dass es noch einen zweiten Adam gibt, der ganz anders gehandelt hat. Von dem schreibt der Apostel Paulus:
Römer 5,18–19 (LU)
18 Wie nun durch die Sünde des Einen die Verdammnis über alle Menschen gekommen ist, so ist auch durch die Gerechtigkeit des Einen für alle Menschen die Rechtfertigung gekommen, die zum Leben führt.
19 Denn wie durch den Ungehorsam des einen Menschen die Vielen zu Sündern geworden sind, so werden auch durch den Gehorsam des Einen die Vielen zu Gerechten.
- Durch Jesus hat Gott einen Weg zwischen ihm und uns eröffnet. Durch ihn erfahren wir Erneuerung.
- Durch Jesus kann Gott vergeben
- Durch Jesus will Gott vergeben
- Durch Jesus vergibt Gott.
- Durch Jesus ist ein Neuanfang möglich.
Sollte Gott gesagt habe? Gott hat gesagt – ein Neuanfang ist möglich!
Amen
Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus unseren Herrn. Amen.