Predigt zu Römer 12,4-16 – 2.Sonntag nach Epiphanias 17.01.2010 -gehalten in den Kirchen von Fraureuth und Gottesgrün
Liebe Gemeinde,
ich habe euch heute ein Bild aus der Landwirtschaft mitgebracht. Es ist die Minimumtonne, mit der das sogenannte Minimumgesetz von Carl Sprengel und Justus Liebig dargestellt wird.
In der Landwirtschaft besagt dieses Minimumgesetz folgendes: Dass das Wachstum von Pflanzen durch die im Verhältnis knappste Ressource (Nährstoffe, Wasser, Licht etc.) eingeschränkt wird. Das wird auch als Minimumfaktor bezeichnet. Das Minimumgesetz ist u.a. eine wichtige Grundlage bei der Düngung.
Als ich davon im Internet berichtete, dass ich mit diesem Gesetz in der Predigt einsteigen will, da meinte jemand, dass das doch ganz schön trocken sei. Ich hoffe, dass ich euch damit nicht langweile.
Warum erzähle ich euch von dem Minimumgesetz? Weil ich denke, dass das in ähnlicher Form auch bei einer christlichen Gemeinde vorkommt.
Ich weiß, dass es Christen gibt, die so etwas ablehnen, und der Meinung sind, dass Gemeinde durch Gottes Heiligen Geist baut. Aber warum soll Gottes Heiliger Geist nicht auch unsere menschlichen Gesetzmäßigkeiten nutzen, um Gemeinde zu bauen?
Sicher wird jeder Vergleich, wie im normalen Leben hinken, und manchmal wird es auch anders sein
Deswegen muss aber das noch lange nicht verkehrt sein.
Und wenn wir die Bibel aufschlagen, finden wir eine ganze Menge Gesetze und Gesetzmäßigkeiten, die Gott nutzt um Menschen zu führen, und im neuen Testament finden wir auch beim Gemeindeaufbau solche Gesetzmäßigkeiten, Anweisungen und Ermutigungen.
Eine Gesetzmäßigkeit, die häufig vorkommt ist z.B. die, dass vor einem Wachstumsschub in der Gemeinde häufig eine Krise kommt.
Auch Jesus hat sich den Gesetzen seiner Zeit unterworfen, soweit sie dem Willen Gottes entsprachen. Aber er hat sich auch gegen Gesetze gestellt, wenn sie unmenschlich waren.
Nun gewisse Gesetzmäßigkeiten und Anweisungen für das Leben in der christlichen Gemeinde finden wir in unserem heutigen Predigttext der Epistel vom heutigen Sonntag aus Römer 12,4-16. Ich lese sie nach der neuen Genfer Übersetzung.
4 Es ist wie bei unserem Körper: Er besteht aus vielen Körperteilen, die einen einzigen Leib bilden und von denen doch jeder seine besondere Aufgabe hat.
5 Genauso sind wir alle – wie viele ´und wie unterschiedlich` wir auch sein mögen – durch unsere Verbindung mit Christus ein Leib, und wie die Glieder unseres Körpers sind wir einer auf den anderen angewiesen.
6 Denn die Gaben, die Gott uns in seiner Gnade geschenkt hat, sind verschieden. Wenn jemand die Gabe des prophetischen Redens hat, ist es seine Aufgabe, sie in Übereinstimmung mit dem Glauben zu gebrauchen.
7 Wenn jemand die Gabe hat, einen praktischen Dienst auszuüben, soll er diese Gabe einsetzen. Wenn jemand die Gabe des Lehrens hat, ist es seine Aufgabe, zu lehren.
8 Wenn jemand die Gabe der Seelsorge hat, soll er anderen seelsorgerlich helfen. Wer andere materiell unterstützt, soll es uneigennützig tun. Wer für andere Verantwortung trägt, soll es nicht an der nötigen Hingabe fehlen lassen. Wer sich um die kümmert, die in Not sind, soll es mit fröhlichem Herzen tun.
9 Die Liebe soll echt sein, nicht geheuchelt. Verabscheut das Böse, haltet euch unbeirrbar an das Gute.
10 Lasst im Umgang miteinander Herzlichkeit und geschwisterliche Liebe zum Ausdruck kommen. Übertrefft euch gegenseitig darin, einander Achtung zu erweisen.
11 Lasst in eurem Eifer nicht nach, sondern lasst das Feuer des Heiligen Geistes in euch immer stärker werden. Dient dem Herrn.
12 Freut euch über die Hoffnung, die ihr habt. Wenn Nöte kommen, haltet durch. Lasst euch durch nichts vom Gebet abbringen.
13 Helft Gläubigen, die sich in einer Notlage befinden; lasst sie mit ihrer Not nicht allein. Macht es euch zur Aufgabe, gastfreundlich zu sein.
14 Segnet die, die euch verfolgen; segnet sie, verflucht sie nicht.
15 Freut euch mit denen, die sich freuen; weint mit denen, die weinen.
16 Lasst euch im Umgang miteinander davon bestimmen, dass ihr ein gemeinsames Ziel habt. Seid nicht überheblich, sondern sucht die Gemeinschaft mit denen, die unscheinbar und unbedeutend sind. Haltet euch nicht selbst für klug.
Über die Gaben und Aufgaben haben wir schon im vergangenen Sonntag nachgedacht. Darum wollen wir jetzt mit der Liebe einsteigen.
Erst einmal finden wir hier einen Katalog, was zu tun ist, wie die Gemeinde zusammen zu leben hat. Die neutestamentliche Theologie nennt das Tugendkatalog.
Aber wenn wir genau einmal hinschauen, entdecken wir, dass das alles Eigenschaften sind, die erst ein Leben in der Gemeinde möglich und spannend machen. Es sind gewisse „Gesetzmäßigkeiten“, wenn die in der Gemeinde gelebt werden, dann ist Gemeinde ansprechend und Menschen kommen gern zur Gemeinde und sind auch bereit Mitzutun. Es geht hier auf jeden Fall nicht um einen erhobenen Zeigefinger, sondern um ein gutes Leben in der Gemeinde
Auf dem Bild Minimumtonne finden wir 8 Kennzeichen, die beachtet werden müssen, damit Gemeinde wächst.
Zwei Kennzeichen liegen mir besonders am Herzen, dass ist die Liebe und die Evangelistische Diakonie.
Und wir finden beide in unserem Predigttext wider.
Nach dem der Apostel Paulus über Gaben und Aufgaben in der Gemeinde gesprochen hat kommt er zur Liebe.
Er sagt: Die Liebe sei ohne Falsch. Hasst das Böse, hängt dem Guten an. Die brüderliche Liebe untereinander sei herzlich. Einer komme dem andern mit Ehrerbietung zuvor.
(Über die Frage der Liebe in der Gemeinde, habe ich mit euch schon einmal in der Allianzwoche gesprochen: Ich sprach vom Liebesqoutient und Wohlfühlfaktor.
Das klingt zwar recht theoretisch. Aber sagen wir es einfach, da wo ich geliebt werde und wo ich mich wohlfühle, gehe ich gerne hin und komme auch gerne wieder.
So stellt sich für uns die konkrete Frage: Werden die Menschen, die in unsere Gemeinde kommen, geliebt und fühlen, die sich wohl?
Und um es noch konkreter zu sagen: Fühlt Ihr euch in der Gemeinde geliebt und fühlt ihr euch in unserer Gemeinde wohl, so dass ihr gern andere mitbringt
In einer Skala von 1 bis 10. Wo würdet ihr euch wiederfinden?
Gehen wir mit einem nach außen hin fröhlichen Gesicht durch unsere Gemeinde, aber im innersten des Herzen haben wir es zur Faust geballt?
Ob ihr es glaubt oder nicht, auch wenn man es nicht nach außen sieht, es hat dennoch Auswirkungen nach außen.
Darum die Frage an uns, was tun wir, damit der andere auch wirkliche Liebe erfährt? Was können wir tun um selber in der Gemeinde mehr Liebe zu erfahren?
Der zweite wichtige Aspekt aus der Minimumtonne, den wir in unserem Predigttext wiederfinden, ist die Evangelistische Diakonie. Wir würden sagen, es sind die Werke der Barmherzigkeit.
Ich umschreibe Barmherzigkeit gern mit den Worten ein Herz haben für die Armen.
Sicher denken wir heute dabei zuerst an die Opfer des Erdbebens in Haiti. Und es ist gut, wenn Menschen ihre Herzen und Geldbeutel öffnen. Auch auf die Gefahr hin, dass ihre Hilfe nicht oder nur im geringen Maß ankommt.
Nein Barmherzigkeit ist ein Lebensstil, den wir in unserer Gemeinde brauchen.
Was nützt es, wenn wir in unseren Gottesdiensten und Bibelstunden Gottes Wort hören, Lieder singen und beten und Lisa Müller ist einsam und krank allein zu Hause und keiner besucht sie?
Oder da ist eine Tochter, die ihre schwerstkranke Mutter aus Barmherzigkeit pflegt und nicht in ein Pflegeheim geben will. Und dann bricht sie fast selber unter der Pflege zusammen und keiner hilft ihr?
Oder eine alleinerziehende Mutter muss mit dem großen Kind zum Arzt und keiner ist da, der das kleine in der Abwesenheit auf das kleine Kind aufpasst.
Ich weiß, dass das andererseits auch oft aus falscher Eitelkeit versteckt und überspielt wird. Und es schwer zu sehen ist.
Dennoch ist es gut und wichtig mit offenen Augen durch die Gemeinde zu gehen.
Das sind zwei Beispiel von Notlagen, die in unserer Gemeinde vorkommen können und auch vorkommen.
Aber es gibt auch noch weitere. Darum sollten wir uns von dem Worten des Apostels ermutigen lassen:
Helft Gläubigen, die sich in einer Notlage befinden; lasst sie mit ihrer Not nicht allein. Macht es euch zur Aufgabe, gastfreundlich zu sein.
Ich persönlich würde sogar noch weiter gehen und sagen: Helft auch den Nichtgläubigen als Zeichen eures Glauben und das euch die Freuden Botschaft von Jesus Christus verändert hat. So könnt ihr ohne große Worte Zeugen von Jesus Christus und seiner Liebesbotschaft werden. Damit sind wir beim Thema der Allianzgebetswoche.
Aus dem Predigttext habe ich zwei wichtige Kennzeichen des Gemeindelebens herausgesucht: Liebe und Barmherzigkeit. Man mag von dem Modell der Minimumtonne halten, was man will. Es weist schon in die richtige Richtung.
Warum sollen wir das überhaupt tun? Nun der Apostel sagt dazu: „Lasst euch im Umgang miteinander davon bestimmen, dass ihr ein gemeinsames Ziel habt.“
Gemeinsam sind auf den Weg und dieser Weg hat ein Ziel – dieses Ziel hat einen Namen: Jesus Christus. Gemeinsam sind wir unterwegs mit Jesus Christus zu ihm hin – hin in seine Ewigkeit.
Ich wünsche uns, dass wir ausganzen Herzen sagen können, was wir gleich im Predigtlied singen werden:
O wie lieb ich, Herr, die Deinen, die dich suchen, die dich meinen; o wie köstlich sind sie mir!
Du weißt, wie mich’s oft erquicket, wenn ich Seelen hab erblicket, die sich ganz ergeben dir.
Amen