Warum das vergessene Fest das größte Geschenk für die Christenheit ist
Wenn man Kinder oder auch Erwachsene fragt, welches christliche Fest sie am liebsten mögen, bekommt man schnell klare Antworten: Weihnachten, weil es Geschenke gibt. Ostern, weil der Frühling kommt – und vielleicht wegen der Auferstehung. Aber Pfingsten? Da wird meist gestutzt, gezögert. „Ach, da gibt’s doch gar nichts – keine Geschenke, kein großer Hype, kein Baum, kein Hase.“ Pfingsten scheint das Stiefkind unter den christlichen Festen zu sein.

Dabei ist Pfingsten eines der zentralen Ereignisse der ganzen Heilsgeschichte. Ohne Pfingsten gäbe es keine Kirche. Kein Evangelium in der Welt. Kein lebendiges Christentum. Kein Glaube, der Menschen bewegt und verwandelt. Pfingsten ist das Fest der Kraft – der Kraft des Heiligen Geistes.
Wir schauen einmal genauer hin: Was geschah damals? Was bedeutet das theologisch? Und warum ist es heute aktueller denn je?
Was geschah an Pfingsten?
Pfingsten – das Wort kommt vom griechischen Pentekoste, also der fünfzigste (Tag) – ist das Fest, das 50 Tage nach Ostern gefeiert wird. Es fällt immer auf einen Sonntag und ist das Ende des Osterfestkreises. Die Bibel erzählt in der Apostelgeschichte Kapitel 2:
- Die Jünger sind in Jerusalem versammelt.
- Plötzlich kommt ein Brausen vom Himmel, wie ein Sturm.
- Feuerzungen erscheinen und setzen sich auf jeden von ihnen.
- Alle sind vom Heiligen Geist erfüllt.
- Sie sprechen in anderen Sprachen – und die Menschen aus verschiedenen Ländern verstehen sie in ihrer eigenen Muttersprache.
Die Folge: Petrus predigt öffentlich – furchtlos und klar. 3.000 Menschen lassen sich taufen. Die Kirche ist geboren.
Theologisch betrachtet: Was ist der Heilige Geist?
Der Heilige Geist ist keine „Kraft“, kein Nebel oder religiöses Gefühl. Er ist Gott selbst – die dritte Person der Dreifaltigkeit (Vater, Sohn und Heiliger Geist).
Der Geist ist…
- … Gottes Gegenwart im Menschen: Er wohnt in uns (1 Kor 6,19).
- … der Lehrer und Tröster: Jesus nennt ihn „den Beistand“ (Joh 14,16).
- … die Verbindung zwischen Himmel und Erde: Der Geist bringt das Erlösungswerk Christi in unser Herz und Leben hinein.
- … die Seele der Kirche: Ohne den Geist wäre die Kirche ein leerer Apparat. Mit ihm wird sie lebendig.
„Niemand kann sagen: Jesus ist der Herr, außer im Heiligen Geist.“ – 1 Kor 12,3
Der Glaube, die Taufe, das Gebet, das Verstehen der Schrift, die Liebe zur Wahrheit – all das ist Frucht und Wirkung des Geistes.
Pfingsten – Der Geburtstag der Kirche
Viele nennen Pfingsten zu Recht den „Geburtstag der Kirche“. Warum?
Weil sich an diesem Tag zum ersten Mal zeigt, was Kirche ist:
- Eine geistgewirkte Gemeinschaft, nicht bloß eine Organisation.
- Eine vielfältige Einheit, in der Menschen verschiedener Herkunft, Sprache und Kultur durch den einen Geist verbunden sind.
- Eine Gemeinschaft, die sendet, verkündet und heilt.
Pfingsten ist der Startschuss für die Mission der Kirche – bis „an die Enden der Erde“ (Apg 1,8).
Liturgisches und kulturelles Feiern
In der Kirche:
- In der katholischen Kirche wird Pfingsten mit roter Farbe (Symbol des Feuers und der Liebe) gefeiert. Die Pfingstsequenz „Veni Sancte Spiritus“ ruft den Geist an. Häufig finden Firmungen statt – das Sakrament des Heiligen Geistes.
- In der evangelischen Kirche liegt der Schwerpunkt auf der Predigt, dem Wort Gottes und der musikalischen Gestaltung. In manchen Gemeinden wird auch das Abendmahl gefeiert. Es ist üblich, dass Pfingsten auch als Zeitpunkt für Taufen oder Konfirmationen gewählt wird.
Volksbräuche:
In vielen Regionen Europas gibt es auch volkstümliche Bräuche:
- Pfingstritte, Pfingstochse, Pfingstbaum, Flurumgänge.
- Sie verbinden die Geist-Erfahrung mit Fruchtbarkeit, Natur, Segen und Lebensfreude.
Diese Bräuche – theologisch gedeutet – erinnern daran, dass der Geist Gottes nicht nur im Gottesdienst, sondern in der ganzen Schöpfung wirkt. Er ist der „Lebenshauch“, der Neues wachsen lässt (vgl. Gen 2,7).
Geistliche Bedeutung für den Einzelnen
Was bedeutet Pfingsten für mich – heute?
1. Der Geist schenkt Glauben
Glaube ist nicht nur Kopfsache. Der Geist öffnet das Herz für Christus und gibt die Kraft, an ihn zu glauben – auch in schwierigen Zeiten.
2. Der Geist wirkt in mir
Der Geist bewirkt innere Erneuerung. Er schenkt die Früchte des Geistes (Gal 5,22): Liebe, Freude, Friede, Geduld, Güte …
3. Der Geist verbindet
Pfingsten ist ein Fest der Einheit in der Vielfalt. In einer Zeit von Spaltungen und Polarisierung ist der Geist das, was uns über alle Unterschiede hinweg verbindet – als Christen und als Menschen.
4. Der Geist befähigt
Er gibt uns Charismen: Begabungen, um anderen zu dienen – sei es in Musik, Lehre, Trost, Organisation, Gebet oder Verkündigung. Jeder hat etwas beizutragen.
Und jetzt – was ist mit den Geschenken?
Also nochmal zur Frage vom Anfang:
„Pfingsten – da gibt’s doch keine Geschenke?“
Stimmt nicht.
Es gibt das größte Geschenk überhaupt:
Gott schenkt sich selbst.
Nicht in Papier eingewickelt, sondern als lebendige, brennende, verwandelnde Gegenwart.
Keine Süßigkeiten, keine Technik – sondern Liebe, Mut, Kraft, Erkenntnis, Berufung, Glaube, Hoffnung.
Pfingsten erinnert uns daran, dass wir nicht allein sind.
Dass Gottes Geist auch heute noch spricht, bewegt, heilt und sendet.
Zusammenfassung; Ein Fest, das uns antreibt
Pfingsten ist nicht nur ein Feiertag. Es ist ein Auftrag.
- Lass dich entflammen vom Geist.
- Lass dich senden.
- Sei lebendige Kirche.
Denn Gottes Geist ist nicht Vergangenheit – er ist Gegenwart und Zukunft.
Veni Sancte Spiritus – Komm, Heiliger Geist.